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» Bundestag verabschiedet Asylpaket II
» Patientenbeauftragter für einheitliche Pflegeausbildung
» Patientenschützer: Mehr Kontrollen bei Tod im Krankenhaus
» Nordkirche sucht einheitliches Arbeitsrecht
» Studie: Wenig Teamarbeit bei Lehrern

Gerichte

Kein sofortiges Hartz-IV bei Familiennachzug von EU-Bürgern




Arbeitslosengeld II bekommen EU-Ausländer, die zu ihrer Familie nach Deutschland ziehen, erst nach drei Monaten.
epd-bild / Rolf Zöllner
Die deutschen Hartz-IV-Regelungen für Zugezogene verstoßen laut EuGH nicht gegen EU-Recht. Jobcenter müssen bei nachgezogenen Familienmitgliedern aus EU-Ländern in den ersten drei Monaten kein Arbeitslosengeld II zahlen.

Ziehen EU-Bürger zu ihren in Deutschland lebenden Familienangehörigen, muss Deutschland ihnen in den ersten drei Monaten keine Hartz-IV-Leistungen zahlen. Die entsprechenden deutschen Vorschriften verstoßen nicht gegen EU-Recht, wie der Europäischen Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag in Luxemburg urteilte. (AZ: C-299/14)

Im konkreten Fall ging es um eine spanische Familie, die in Deutschland eine neue Existenz aufbauen wollten. Die Frau zog mit ihrer Tochter zuerst im April 2012 ins Ruhrgebiet und arbeitete dort als Küchenhilfe mit einem Nettoverdienst von monatlich 600 Euro. Der Ehemann folgte mit dem Sohn einige Monate später. Für die Kinder erhielt die Familie ab Juli 2012 Kindergeld. Vater und Sohn beantragten sofort Hartz-IV-Leistungen und verwiesen auf die Gleichbehandlung mit Deutschen.

Das Jobcenter lehnte die Zahlung von Hartz IV in den ersten drei Monaten jedoch ab. Die Behörde verwies auf die entsprechenden deutschen Gesetze. Danach sind EU-Bürger, die zu ihren Familienangehörigen in Deutschland nachziehen, in den ersten drei Monaten von Arbeitslosengeld-II-Zahlungen ausgeschlossen.

Wie der EuGH nun urteilte, dürfen sich EU-Bürger zwar in anderen Mitgliedstaaten drei Monate problemlos aufhalten, von Sozialleistungen dürfen sie aber zum Schutz der Sozialsysteme ausgeschlossen werden. Die persönlichen Umstände der Betroffenen müssten nicht geprüft werden.

Bereits am 15. September 2015 hatte der EuGH nach einer Anfrage des Kasseler Bundessozialgerichts (BSG) entschieden, dass der ebenfalls geregelte Hartz-IV-Ausschluss von EU-Bürgern, die sich nicht wegen eines Familiennachzugs, sondern allein zur Arbeitsuche in Deutschland aufhalten, mit EU-Recht im Einklang steht (AZ: C-67/14). Das BSG hatte daraufhin am 3. Dezember geurteilt, dass Betroffene bei einem "verfestigten Aufenthalt" in Deutschland zwar nicht Arbeitslosengeld II, dafür aber Sozialhilfe beanspruchen können. Ein verfestigter Aufenthalt liege in der Regel ab einer Dauer von sechs Monaten vor.


 
 

Flüchtlinge

Bundestag verabschiedet Asylpaket II



Der Bundestag hat am Donnerstag das umstrittene Asylpaket verabschiedet. In namentlicher Abstimmung votierten 429 Abgeordnete für die Gesetzesänderungen, die unter anderem schnellere Verfahren für Asylbewerber mit geringer Bleibeperspektive und eine Aussetzung des Familiennachzugs für Flüchtlinge mit dem untergeordneten subsidiären Schutz vorsehen. 147 Parlamentarier stimmten dagegen.

Es ist das zweite Gesetzespaket mit Verschärfungen im Asylrecht innerhalb von vier Monaten. Die große Koalition will damit eine Reduzierung der Flüchtlingszahlen erreichen. Das zweite Asylpaket enthält auch niedrigere Hürden bei der Abschiebung Kranker und eine Eigenbeteiligung von Flüchtlingen an den Kosten für Integrationskurse. Die Asylbewerberleistungen sollen dafür pauschal um zehn Euro gekürzt werden.

Opposition, Verbände und Kirchen lehnten das Asylpaket vehement ab. Insbesondere die Aussetzung des Familiennachzugs, die auch für in Deutschland lebende unbegleitete Minderjährige gilt, geißelten Politiker von Grünen und Linken als "schäbig" und "inhuman".

Beschlossen wurde vom Bundestag am Donnerstag auch ein Gesetz, das Ausweisungen straffällig gewordener Ausländer erleichtert. Künftig kann dafür eine Bewährungsstrafe ausreichen. Dies gilt auch für die Grenze, ab der einem Asylbewerber die Anerkennung als Flüchtling verweigert werden kann. Das Gesetz, dass das erst zum Jahresanfang inkraft getretene neue Ausweisungsrecht bereits wieder ändert, war eine Reaktion auf die Straftaten in der Silvesternacht in Köln.


 
 

Reformen

Patientenbeauftragter für einheitliche Pflegeausbildung



Einen Tag vor der ersten Beratung des Pflegeberufegesetzes im Bundesrat hat der Patienten- und Pflegebeauftragte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann (CDU), eindringlich für die geplante Vereinheitlichung der Pflegeausbildung geworben. Laumann stellte am Donnerstag in Berlin einen Aufruf "Generalistik jetzt!" vor, dem sich seinen Angaben zufolge 37 Verbände aus der Pflegebranche angeschlossen haben. Darunter sind auch die kirchlichen Wohlfahrtsverbände Caritas und Diakonie als große Träger von Krankenhäusern, Pflegeheimen und ambulanten Diensten.

Laumann sagte, die Reform der Pflegeausbildung sei eine große Chance, die man jetzt nicht verstreichen lassen dürfe. Entscheidend sei die Frage, ob es künftig genug Pflegekräfte geben werde, die wachsende Anzahl alter Menschen zu versorgen. Die geplante Abschaffung des Schulgelds, eine einheitliche Ausbildungsvergütung, neue Studiengänge und höhere Löhne in der Altenpflege werteten den Beruf auf und machten ihn attraktiver.

Das Pflegeberufegesetz von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) und Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) ist vom Kabinett gebilligt worden und wird nun im Bundesrat, ab März auch im Bundestag beraten. Die Länderkammer muss dem Gesetz zustimmen. Widerstand kommt bisher vor allem aus Nordrhein-Westfalen. Die Ausbildungsverordnung, die das Gesetz mit Leben füllt, soll im Verlauf der Beratungen vorgelegt werden. Die Eckpunkte werden am 1. März erwartet. Widerstand gegen die Reform der Pflegeberufe kommt von den Arbeitgebern, den Ärzteverbänden, einigen Altenpflege-Verbänden sowie aus den Ländern, besonders aus Nordrhein-Westfalen.


 
 

Kriminalität

Patientenschützer: Mehr Kontrollen bei Tod im Krankenhaus



Ein Jahr nach der Verurteilung des Delmenhorster Krankenpflegers Niels H. zu lebenslanger Haft wegen fünf Morden fordert die Deutsche Stiftung Patientenschutz mehr Kontrollen bei Todesfällen. "In den Krankenhäusern und in der Pflege wird viel zu selten eine qualifizierte Leichenschau vorgenommen, um die wahren Todesursachen festzustellen", sagte die Patientenberaterin Elke Simon von der Stiftung mit Sitz in Dortmund dem Evangelischen Pressedienst (epd). Schätzungen zufolge bleibe jeder zweite nicht natürliche Tod in Kliniken unerkannt.

Niels H. hatte bei vielen Patienten durch ein überdosiertes Herzmedikament gezielt einen Kreislaufkollaps herbeigeführt, um sich anschließend als Reanimateur beweisen zu können. Während des Prozesses gestand er weitere 30 Morde. Die Polizei untersucht zudem 202 Verdachtsfälle und lässt dafür Leichen exhumieren. Der Prozess hatte deutschlandweit für Schlagzeilen gesorgt, weil der Täter über Jahre hinweg getötet hatte, ohne dass dies auffiel.

Die Dimensionen des Delmenhorster Fall seien sicherlich einmalig, sagte Simon. Doch seien in den Krankenhäusern ungeklärte Todesfälle "nicht so selten, wie man meint". In den Delmenhorster Krankenhäusern muss heute eder Tote von einem Rechtsmediziner untersucht werden. Dies fordere die Patientenschutz-Stiftung bislang vergeblich für alle Krankenhäuser bundesweit. "Stattdessen wird an vielen Standorten die Pathologie abgebaut."

Simon forderte eine "Kultur des Hinsehens". Nötig sei ein gegenseitiges Achthaben unter den Kollegen. Obwohl Niels H. sehr oft bei Reanimationen dabei gewesen sei, habe dies niemand gemeldet. Auch der ungewöhnlich hohe Verbrauch tödlicher Herzmedikamente habe niemanden skeptisch gemacht. Zwar gebe es in vielen Krankenhäusern bereits ehrenamtliche Patientenfürsprecher, aber noch lange nicht in jedem Bundesland einen hauptamtlichen Patientenbeauftragten, kritisierte Simon.


 
 

Gewerkschaften

Nordkirche sucht einheitliches Arbeitsrecht



Die evangelische Nordkirche ist auf dem Weg zu einem einheitlichen Arbeitsrecht. Die Kirchen seien rechtlich verpflichtet, die Gewerkschaften angemessen bei den Verhandlungen über Gehälter und Urlaub zu beteiligen, sagte Landesbischof Gerhard Ulrich am Donnerstag vor der Landessynode (Kirchenparlament) in Lübeck-Travemünde. Arbeitskämpfe widersprächen aber dem kirchlichen Leitbild der Dienstgemeinschaft. Streik sei "keine angemessene Form der Konfliktlösung". 2018 sollen die geplanten Gesetze in Kraft treten.

In der Nordkirche gelten bislang verschiedene Arbeitsrechte: Für Beschäftigte in Hamburg und Schleswig-Holstein handeln Gewerkschaften und der kirchliche Arbeitsgeberverband Tarifverträge aus. In Mecklenburg-Vorpommern verhandeln Vertreter der Arbeitnehmer und Arbeitgeber in einer paritätisch besetzten Kommission. Betroffen sind insgesamt rund 16.000 Küster, Erzieherinnen und Organisten, 1.400 davon in Mecklenburg-Vorpommern.

Schwieriger sei die Situation in der Diakonie mit ihren 60.000 Beschäftigten in Norddeutschland, sagte Ulrich. Für rund 40 Prozent der Einrichtungen gelte der Tarifvertrag KTD, für weitere 40 Prozent die Arbeitsvertragsrichtlinien der Diakonie Deutschland. 20 Prozent hätten eigene Regelungen wie Haustarife, Anlehnungen an den Öffentlichen Dienst oder Sonderregelungen. Hier sei eine einheitliche Regelung notwendig.

Nach Urteilen des Bundesarbeits- und des Bundesverfassungsgerichts dürfe die Kirche ein eigenes Arbeitsrecht beschließen, das Streiks ausschließt, betonte Ulrich. Allerdings müssten die Gewerkschaften in das kirchliche Verfahren "organisatorisch eingebunden" werden.


 
 

Umfragen

Studie: Wenig Teamarbeit bei Lehrern



Lehrer halten Zusammenarbeit unter Kollegen für wichtig, in der Praxis findet sie jedoch eher selten statt. Etwa fünf von 43 Stunden Wochenarbeitszeit wenden Lehrer für Kooperationen mit Kollegen sowie Eltern und außerschulischen Partnern auf, wie aus einer am Donnerstag vorgestellten Studie der Bertelsmann Stiftung hervorgeht. Im Vordergrund stehe dabei der Austausch über Unterrichtsmaterial und Schüler sowie die Arbeitsteilung unter Kollegen.

Weniger verbreitet sind laut Studie komplexere Formen der Zusammenarbeit. Weniger als ein Viertel der Lehrer unterrichtet demnach häufiger auch im Team (23 Prozent). Nur jeder zehnte Lehrer hospitiert häufiger im Unterricht anderer Lehrer (9 Prozent). Zugleich halten 97 Prozent der befragten Lehrer kollegiale Zusammenarbeit für wichtig. Lediglich jeder zweite Lehrer gab an, gemeinsam mit Kollegen Unterrichtskonzepte oder Strategien zur Bewältigung von Problemen zu entwickeln. Besonders schwach ausgeprägt sei die Feedback-Kultur innerhalb des Lehrerkollegiums. "Ein Großteil der Lehrkräfte in Deutschland erhält keine oder nur sehr wenige Einblicke in den Unterricht anderer Kollegen", erklären die Autoren der Studie.

Besonders verbreitet und intensiv sei hingegen die Zusammenarbeit der Lehrer an gebundenen Ganztagsschulen sowie an nicht-gymnasialen Schulformen. Ein wichtiger Treiber für die Kooperation sei zudem die Inklusion an Schulen, hieß es. Je höher der Anteil von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf, desto häufiger und intensiver arbeiteten Lehrer auch konzeptionell zusammen.

Für die repräsentative Studie wurden mehr als 1.000 Lehrer in Deutschland befragt. Auftraggeber waren neben der Bertelsmann Stiftung die Robert Bosch Stiftung, die Stiftung Mercator und die Deutsche Telekom Stiftung.