» Verbände starten Online-Petition gegen Kinderarmut
» Zahl der wohnungslosen Menschen deutlich gestiegen
» Forscher fordern neue Armutspolitik
» Pflegemindestlohn steigt ab Januar weiter an
» Bethel feiert 2017 sein 150. Jubiläum

Kampagne

Verbände starten Online-Petition gegen Kinderarmut




Kostenloses Mittagessen für arme Kinder
epd-bild / Rolf Schulten

Mit einer Online-Kampagne macht das Deutsche Kinderhilfswerk gemeinsam mit Wohlfahrts- und Sozialverbänden ab Dienstag auf die Kinderarmut in Deutschland aufmerksam. Mit der Initiative "Keine Ausreden mehr! Armut von Kindern und Jugendlichen endlich bekämpfen! #stopkinderarmut" wollen die Verbände Unterstützer gewinnen, die im Jahr der Bundestagswahl Druck auf die Parteien machen, wie sie am Montag in Berlin mitteilten. Den Angaben zufolge leben rund drei Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland in Armut.

"Die Kinderarmut in Deutschland ist nach wie vor alarmierend hoch. Diesen Kindern fehlt es häufig an Dingen, die für andere Kinder selbstverständlich sind", sagte Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes. "Für sie werden die von der UN-Kinderrechtskonvention jedem Kind zugesicherten Rechte auf soziale Sicherheit und angemessene Lebensbedingungen nicht eingehalten."

Gerade in der Weihnachtszeit werde deutlich, wie groß der Mangel bei armen Familien sei, betonen die Initiatoren. Im Hartz-IV-Regelsatz seien nicht einmal die Kosten für Adventsschmuck und Weihnachtsbaum eingerechnet.

In der Petition, die ab Dienstag unter dem Link https://weact.campact.de/p/kinderarmutbekaempfen unterzeichnet werden kann, werden die Hartz-IV-Sätze insgesamt als zu gering kritisiert. Sie basierten auf ungenauen Rechnungen und willkürlichen Abschlägen. Kinder bis sechs Jahre erhalten 237 Euro. Für Kinder zwischen sieben und 13 Jahren steigt der Hartz-IV-Satz zum Jahreswechsel von derzeit 270 Euro auf 291 Euro. Jugendliche ab 14 Jahre bekommen ab Januar mit 311 Euro fünf Euro mehr als heute.

Die Verbände fordern außerdem eine staatliche Unterstützung, die einfach gestaltet und leicht zugänglich sein soll. Ihre Kritik: "Derzeit gehen viele Hilfen an den Familien und Kindern, die diese brauchen, vorbei."



 
 

Armut

Zahl der wohnungslosen Menschen deutlich gestiegen



Die Zahl der wohnungslosen Menschen in Deutschland ist in den vergangenen fünf Jahren um rund ein Drittel gestiegen. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor, die dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt. Danach waren 2014 rund 335.000 Menschen ohne Wohnung, unter ihnen 29.000 Kinder und Jugendliche. 220.000 sind Männer. Im Jahr 2010 gab es insgesamt 246.000 Wohnungslose.

Die Zahlen gehen auf die jüngste Schätzung der Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Wohnungslosenhilfe von Ende 2015 für das Jahr 2014 zurück. Die Bundesregierung verfügt über keine eigenen Statistiken zu der Problematik. Auch im Armuts- und Reichtumsbericht verwendet sie die Angaben der Wohnungslosenhilfe.

Die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Sabine Zimmermann, wertete die steigende Zahlen als Indiz für wachsende Armut. Besonders beschämend sei die hohe Zahl der betroffenen Kinder. Immer weniger bezahlbare Wohnungen und sinkende Einkommen in breiten Bevölkerungsschichten seien der Grund, warum Menschen keine Wohnung bekommen oder sie verlieren, erklärte Zimmermann.

Demgegenüber geht das zuständige Bundesarbeitsministerium laut seiner Antwort davon aus, dass Wohnungslosigkeit "vielfach nicht in fehlendem Wohnraum begründet" sei, sondern in der Regel eine Reihe anderer Ursachen habe, darunter familiäre Schwierigkeiten, Sucht oder Krankheiten.

Dieser Einschätzung widerspricht die stellvertretende Geschäftsführerin der BAG Wohnungslosenhilfe, Werena Rosenke: "Das kann man so nicht stehenlassen", sagte sie dem epd. Der Grund für den Verlust einer Wohnung seien Mietschulden, also eine materielle Notlage. Andere Faktoren kämen erst in zweiter Linie hinzu. Wer heute seine Wohnung verliere, finde zudem keinen preiswerten Ersatz mehr.

Die BAG Wohnungslosenhilfe sagt für die kommenden Jahre eine weitere starke Zunahme der Wohnungslosigkeit um 60 Prozent bis 2018 auf 500.000 Betroffene voraus. Der Anstieg werde deutlicher ausfallen als in den Vorjahren, sagte Rosenke. Unsicher sei, wie sich die Zahl anerkannter Flüchtlinge auf die Entwicklung der Wohnungslosigkeit auswirken werde, die nach dem Verlassen der Erstaufnahmeeinrichtungen auf Wohnungssuche sind.

Wohnungslosigkeit ist nicht identisch mit Obdachlosigkeit. Als wohnungslos gilt, wer weder mietvertraglich gesicherten noch eigenen Wohnraum hat. Dazu zählen Menschen in Notunterkünften, Billigpensionen, solche, die bei Freunden unterschlüpfen sowie gänzlich Obdachlose. Ihre Zahl lag 2014 laut Schätzung der Wohnungslosenhilfe bei 39.000 Personen.


 
 

Studie

Forscher fordern neue Armutspolitik



Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln hat die Bundesregierung zur Armutsbekämpfung aufgefordert. Dazu sei eine "neu gestaltete Regionalpolitik" erforderlich, erklärte das Institut am Montag in Berlin. Von Armut seien besonders Städter betroffen. Offiziell gilt als arm, wer weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung hat. Doch diese Formel greife zu kurz, kritisiert das IW, "denn das Leben ist nicht überall gleich teuer".

Für eine am Montag vorgestellte IW-Studie wurde daher der Wert, ab dem jemand als einkommensarm gilt, um die unterschiedlichen regionalen Preisniveaus bereinigt. "Hierbei zeigt sich, dass vor allem Städte im Westen von Kaufkraftarmut betroffen sind." Denn dort sei das Preisniveau deutlich höher. In Köln und Düsseldorf beispielsweise liege es rund zehn Prozent über dem Bundesdurchschnitt.

Die Bundesregierung sollte die Städte stärker darin unterstützen, wirtschaftliche Strukturprobleme zu verringern, fordern die IW-Forscher. Zudem sollten Alleinerziehende durch mehr Ganztagsbetreuung von Schülern unterstützt und Migranten über Sprachkurse gefördert werden. "Benachteiligte in Bildung, Arbeitsmarkt und Gesellschaft zu integrieren, ist die beste Anti-Armuts-Politik", sagte IW-Wissenschaftler Christoph Schröder.



 
 

Arbeit

Pflegemindestlohn steigt ab Januar weiter an



Der Mindestlohn in der Altenpflege steigt ab 1. Januar bundesweit an. Die Lohnuntergrenze klettert auf dann bei 10,20 Euro je Stunde im Westen und auf 9,50 Euro im Osten, teilte der Arbeitgeberverband Pflege am Montag in Berlin mit. Aktuell beträgt der Mindestlohn 9,75 Euro in den westlichen und 9,00 Euro in den östlichen Bundesländern. Die Regelung betrifft rund 400.000 Pflegehilfskräfte und knapp 45.000 Betreuungskräfte in der stationären und der ambulanten Altenpflege.

Mit der Erhöhung ab Januar liege der Pflege-Mindestlohn weiter deutlich über dem gesetzlichen Mindestlohn, der einheitlich von 8,50 Euro auf 8,84 Euro angehoben wird, teilte der Verband weiter mit. "Seit Einführung einer Pflege-Mindestlohnkommission 2009 hat sich der Arbeitgeberverband Pflege erfolgreich zusammen mit anderen für eine Verbesserung der Einkommenssituation in der Pflege eingesetzt", bilanzierte Friedhelm Fiedler, Vizepräsident des Verbandes.

Bei seiner Einführung im August 2010 betrug der Mindestlohn 7,50 Euro im Osten und 8,50 Euro im Westen. Die 2. Pflege-Mindeslohnkommssion beschloss bereits im September 2014, dass ab Januar 2017 10,20 Euro (West) und 9,50 Euro (Ost) zu bezahlen sind. Der künftige Mindestlohn ist bis zum Oktober 2017 zu bezahlen, dann wird er erneut festgesetzt. Darüber berät bereits die 3. Mindestlohnkommission.


 
 

Sozialunternehmen

Bethel feiert 2017 sein 150. Jubiläum



Das größte diakonische Unternehmen Europas feiert im nächsten Jahr sein 150. Jubiläum. Für die v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel steht das kommende Jahr mit mehr als 100 Veranstaltungen ganz im Zeichen der eigenen Geschichte, wie Bethels Vorstandsvorsitzender Ulrich Pohl am Montag in Bielefeld mitteilte. In der evangelischen Sozialeinrichtung betreuen bundesweit rund 18.000 hauptamtliche Mitarbeiter jedes Jahr mehr als 200.000 auf Hilfe angewiesene kranke, behinderte, pflegebedürftige oder sozial benachteiligte Menschen. Unter der Überschrift "150 Jahre Bethel - Für Menschen da sein" werde es vom 6. Januar bis 24. Dezember 2017 eine Fülle von Veranstaltungen geben.

Laut Pohl begann die praktische Arbeit im Oktober 1867 in Bielefeld in einem ehemaligen Bauernhaus mit drei epilepsiekranken Jungen. Einige Monate zuvor hatte die Innere Mission die "Rheinisch-Westfälische Anstalt für Epileptische" gegründet und mit Pfarrer Friedrich Simon den ersten Anstaltsleiter berufen.

Zu den Veranstaltungs-Highlights im kommenden Jahr zählt die Fotoausstellung "Wir sind viele" im Deutschen Bundestag, die Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) am 17. Januar eröffnen wird. Die Ausstellung mit Bildern des Fotografen Jim Rakete finde im Umfeld des Holocaust-Gedenktages am 27. Januar statt und sei ein Kontrapunkt zur NS-Rassenideologie. 150 Prominente aus Medien, Musik, Kunst und Politik haben sich laut Pohl zu Botschaftern des Bethel-Jubiläums erklärt.

Über die Jubiläumsaktivitäten in Deutschland hinaus werde es auch im Ausland Feierlichkeiten geben. So sei in Japan eine Wanderausstellung zur Arbeit und Geschichte Bethels geplant. Auch in Tansania sei eine Aktion geplant.