» SPD-Fraktion will Konzept für Kindergrundsicherung vorlegen
» Paritätischer: "Starke-Familien-Gesetz" hilft armen Kindern nicht
» Staat nimmt mehr Kinder in Obhut
» Spahn lässt Altersbestimmung Jugendlicher durch Ultraschall prüfen
» Regionale Diakonische Werke in Rheinhessen schließen sich zusammen
» Kritik an anhaltendem Armutsrisiko im Land

Armut

SPD-Fraktion will Konzept für Kindergrundsicherung vorlegen




Die SPD will ein Konzept zur Einführung einer Kindergrundsicherung vorlegen.
epd-bild/Maike Gloeckner
Die SPD will in diesem Jahr ein Konzept für die Einführung einer Kindergrundsicherung vorlegen. Das geht aus dem Beschlusspapier für die Klausurtagung der Bundestagsfraktion hervor, zu der die Abgeordneten an diesem Donnerstag und Freitag in Berlin zusammenkommen.

In der Beschlussvorlage, die dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt, wird vorgeschlagen, Sozialleistungen und steuerliche Förderungen für Familien zu bündeln. Sie sollen in einer einzigen Leistung zusammengefasst werden, die den Grundbedarf eines Kindes abdeckt.

So solle ein wirksames Mittel geschaffen werden, um gegen Kinderarmut vorzugehen und die finanziellen Leistungen für Kinder "klarer und einheitlicher zu fassen", heißt es in dem Papier der Bundestagsfraktion: "Mit Kinderarmut werden wir uns nicht abfinden." Nach wie vor sei der Alltag jedes fünften Kindes in Deutschland von Armut geprägt. Es müssten aber alle Kinder ihren Weg machen können, unabhängig vom Einkommen der Eltern oder ihrer Herkunft.

Familienministerin Franziska Giffey (SPD) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatten die Erhöhung des Kinderzuschlags für Geringverdiener und der Bildungs- und Teilhabeleistungen für Kinder aus einkommensarmen und Hartz-IV-Haushalten bei der Vorstellung des "Starke-Familien-Gesetzes" als Schritte auf dem Weg hin zu einer Grundsicherung für Kinder bezeichnet.



 
 

Bundesregierung

Paritätischer: "Starke-Familien-Gesetz" hilft armen Kindern nicht



Der Paritätische Wohlfahrtsverband hält die von der Bundesregierung angekündigten Maßnahmen gegen Kinderarmut für völlig unzureichend. Das "Starke-Familien-Gesetz" sei "kein großer Wurf", sagte der Verbandsvorsitzende Ulrich Schneider am Donnerstag im "Morgenecho" auf WDR 5. Die geplanten Zuschüsse seien zu niedrig und die Anträge etwa für den Kinderzuschlag viel zu kompliziert. Schneider forderte stattdessen eine einheitliche Kindergrundsicherung für alle Kinder.

Der Gesetzentwurf sieht unter anderem im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepakets eine Erhöhung des Zuschusses für Schulmaterial von 100 auf 150 Euro im Jahr vor. Angesichts von Kosten zwischen 200 und 400 Euro pro Jahr sei das nicht ausreichend, kritisierte Schneider.

Außerdem ist eine Erhöhung des Kinderzuschlags für Geringverdiener von derzeit bis zu 170 Euro auf bis zu 185 Euro im Monat geplant. Davon profitierten die zwei Millionen Kinder im Hartz IV-Bezug nicht, sagte der Chef des Paritätischen.

Schneider erneuerte die Forderung nach einer bedarfsdeckenden Grundsicherung in Höhe von 618 Euro für alle Kinder, die aber versteuert werden müsse. "Das heißt, wer gut verdient, muss das Geld versteuern, wer es bitter braucht, kann es behalten." Dieses System sei einfach und für jeden verständlich, gerecht und schütze Kinder vor Armut.


 
 

Statistik

Staat nimmt mehr Kinder in Obhut



Jedes Jahr werden mehr Kinder in staatliche Obhut genommen. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion hervor, über die am Mittwoch zuerst die in Berlin erscheinende Tageszeitung "Die Welt" berichtet hatte. Ein großer Teil entfällt auf die Gruppe der alleinreisenden minderjährigen Flüchtlinge. Ohne diese Gruppe stieg die Zahl der Inobhutnahmen laut Bundesfamilienministerium zwischen den Jahren 2010 und 2017 von 33.521 auf 38.891 Kinder.

Der FDP-Abgeordnete Daniel Föst sprach von einem starken Anstieg der Inobhutnahmen und der Gefährdungseinschätzungen. Das zeige den enormen Handlungsbedarf, sagte er und forderte eine Untersuchung der Gründe. Kinder und Jugendliche müssten in Deutschland sicher aufwachsen können.

Den Angaben zufolge hängt es auch vom Bundesland ab, in dem die Kinder leben, wie lange sie jeweils in Heimen oder Pflegefamilien leben - und ob sie überhaupt zu ihren Eltern zurückkehren können. Im Bundesdurchschnitt kehrten 41 Prozent der Kinder und Jugendlichen nach einer vorübergehenden Inobhutnahme wieder zu ihren Eltern zurück.

Regional sind die Verhältnisse aber unterschiedlich. In Bayern und Mecklenburg-Vorpommern kehrten 46 Prozent der Kinder innerhalb desselben Jahres in die Familie zurück. In Hamburg waren es nur 27 Prozent und in Berlin knapp ein Drittel (30 Prozent). Ähnliche Unterschiede gibt es bei der Dauer der Fremdbetreuung. Im Bundesdurchschnitt liegt sie bei gut einem Monat (36 Tage). Die Einzelfälle seien aber sehr unterschiedlich, hieß es. Je jünger die Kinder sind, desto länger dauere in der Regel die Inobhutnahme.



 
 

Asyl

Spahn lässt Altersbestimmung Jugendlicher durch Ultraschall prüfen



Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) lässt prüfen, ob eine Altersbestimmung bei jungen Asylbewerbern durch Ultraschall möglich ist. Er könne Ärzte verstehen, die zurückhaltend mit Röntgen sind, wenn sie das Alter von jungen Migranten bestimmen sollen, sagte Spahn der in Bielefeld erscheinenden "Neuen Westfälischen" (Donnerstag). "Aber wir brauchen die Altersbestimmung", sagte Spahn. Denn das habe Auswirkungen auf Asyl- und Strafverfahren. Deshalb müsse ein Weg mit möglichst geringen Eingriffen gefunden werden, den auch die Ärzteschaft mitgehen könne.

Das Bundesgesundheitsministerium fördert nach Spahns Worten seit Jahresbeginn ein Forschungsprojekt um herauszufinden, ob auch mit Ultraschall das Alter von jungen Erwachsenen bestimmt werden kann. Das Projekt der Fraunhofer Gesellschaft und der Universität des Saarlandes werde durch sein Ministerium mit einer Million Euro gefördert, erläuterte Spahn. Ende 2020 sollen Ergebnisse vorliegen, erklärte der Gesundheitsminister.


 
 

Kirche

Regionale Diakonische Werke in Rheinhessen schließen sich zusammen



Die beiden regionalen Diakonischen Werke Mainz-Bingen und Worms-Alzey haben sich zum Jahresbeginn zusammengeschlossen. Die Arbeit des kirchlichen Wohlfahrtsverbands in Bereichen wie der Kinder- und Jugendhilfe, der Flüchtlingsarbeit sowie Schwangeren, Schuldner- und Suchtberatung werde seit dem 1. Januar unter einem gemeinsamen Dach weitergeführt, teilte die Diakonie Hessen am Donnerstag mit.

Alle bisherigen Angebote und Arbeitsplätze sollen erhalten bleiben. Das neue Diakonische Werk Rheinhessen betreibt Beratungsstellen in Mainz, Worms, Ingelheim, Alzey, Oppenheim und Nieder-Olm. Die Gesamtleitung hat Klaus Engelberty übernommen, der bisher die Geschäfte in Worms führte.

Von der Reform erhofft sich die Diakonie eine höhere Effizienz und bessere Möglichkeiten, sich in sozialpolitische Debatten einzubringen. Auch bei der evangelischen Kirche in Rheinhessen hatte es zum Jahreswechsel eine Strukturreform gegeben. Die bisher eigenständigen Dekanate Ingelheim und Oppenheim wurden zum 1. Januar zusammengelegt.


 
 

Diakonie

Kritik an anhaltendem Armutsrisiko im Land



Der Vorstandsvorsitzende des Diakonischen Werks Württemberg, Dieter Kaufmann, hat das anhaltende Risiko für Armut kritisiert. Obwohl Baden-Württemberg zu den reichsten Bundesländern zähle, sei die Armutsrisikoquote mit 15,4 Prozent fast genauso hoch wie im gesamten Bundesgebiet, sagte Kaufmann am Donnerstag in Stuttgart bei der Jahrespressekonferenz der Diakonie in Württemberg.

In Baden-Württemberg lebten rund 1,7 Millionen Menschen unter der Armutsrisikoschwelle, sagte Kaufmann: "Diese Zahl steigt." Besonders gefährdet seien Alleinerziehende und kinderreiche Familien. Die Diakonie in Württemberg verwalte insgesamt neun Hilfefonds zur Unterstützung einzelner Menschen und Familien, für die es an keiner anderen Stelle Hilfe gebe. An diese Fonds seien in 15 Monaten insgesamt 755 Anträge gestellt worden, unter anderem für Haushaltsgeräte und Möbel sowie Mietkosten-Zuschüsse.

Knapp 40 Prozent der Antragssteller hätten ein Einkommen knapp über dem Satz von Hartz IV, sagte Kaufmann. Sie hätten keinen Anspruch auf Sozialleistungen und lebten dennoch am Existenzminimum. "Kommt eine Krankheit dazu, weil etwa Medikamente von der Krankenkasse nicht bezahlt werden, wird es ganz eng." Der Diakoniechef forderte eine andere Berechnung des Existenzminimums und mehr Beratungsangebote, damit bestimmte finanzielle Probleme gar nicht erst entstünden.