sozial-Politik

Armut

Sozialexperte fordert Wohnungsbau für Obdachlose




Ein Obdachloser im Schlafsack vor der Tür einer Kirche
epd-bild / Rolf Zoellner

Der Bremer Sozialwissenschaftler Volker Busch-Geertsema fordert den Bau von Wohnungen speziell für obdachlose Menschen. Wohnungslose hätten auf dem freien Markt in Deutschland kaum Chancen, sagte der Sozialexperte am 6. Februar in Bremen bei einem Fachtag zur Wohnungsnot. Ein Vorbild für erfolgreiche Hilfen sei die finnische Y-Stiftung, die fast 7.000 Wohnungen gekauft habe, um Obdachlose und Flüchtlinge zu versorgen.

In Deutschland gibt es Busch-Geertsema zufolge zwar in einzelnen Städten Ansätze, um Immobilien für Obdachlose zu bauen oder anzubieten. Sie reichten aber nicht aus. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAGW) schätzt, dass es in Deutschland mehr als 335.000 Wohnungslose gibt. Sie seien "Letzte in der Schlange", wenn es um die Vergabe von Wohnungen gehe, warnte Busch-Geertsema.

Belgein erfolgreich im Kampf gegen Wohnungslosigkeit

Bundesweit mangelt es nach seinen Worten vor allem an kleinen Wohnungen. Das sei ein eng begrenztes Segment. "Da konkurrieren alleinstehende Wohnungslose mit vielen anderen Single-Haushalten wie Studierenden und Älteren mit einer kleinen Rente." Busch-Geertsema sieht deshalb auch in den belgischen "Social Rental Agencies" ein erfolgreiches Modell zur Bekämpfung der Wohnungslosigkeit unter den Ärmsten der Armen.

Die belgischen Agenturen arbeiten in allen Regionen des Landes und mieten zumeist von privaten Eigentümern ganze Objekte an. Sie garantieren die Einnahmen und geben die Wohnungen dann an besonders bedürftige Haushalte weiter. Begleitend schnüren sie ein "Rundum-sorglos-Paket" mit Nebenkostenabrechnungen, Renovierungen, Versicherungen und, wenn nötig, auch mit wohnbegleitenden Hilfen.

Aber auch in Deutschland gibt es Busch-Geertsema zufolge Beispiele wirksamer Unterstützung. Dazu zähle die Ambulante Hilfe in Stuttgart, die selbst rund 150 Sozialwohnungen für Obdachlose geschaffen habe. Aber auch die Soziale Wohnraumhilfe in Hannover, die Neue Wohnung GmbH in Hamburg-Altona und die Neue Wohnraumhilfe in Darmstadt mit ihren mehr als 200 meist angemieteten Wohnungen seien erfolgreich. "Wir brauchen in Deutschland aber noch mehr Träger und Initiativen", betonte Busch-Geertsema.

Zur Lage in Bremen sagte Joachim Barloschky vom örtlichen Aktionsbündnis "Menschenrecht auf Wohnen" dem epd, die Stadt unternehme zwar schon einiges, um den Bau von Sozialwohnungen anzukurbeln. Sie müsse aber selber Wohnungen bauen mit Mieten zwischen 5.50 Euro und sechs Euro pro Quadratmeter. Nötig sei ein kommunales Bauprogramm mit zusätzlich 5.000 bezahlbaren Wohnungen. Anreize zum Bau für private Unternehmen reichten nicht.


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