sozial-Politik

Bundesregierung

Fast eine Million Leiharbeiter in Deutschland



Das Gesetz gegen den Missbrauch von Leiharbeit verzögert sich, während die Zahl der Zeitarbeiter steigt. Aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen Bundestagfraktion geht hervor, dass 2015 insgesamt 50.293 Betriebe in der Arbeitnehmerüberlassung tätig waren. 2013 waren es noch 46.755 Firmen. Die Zahl der Leiharbeiter erhöhte sich um 3,3 Prozent von 867.535 im Jahr 2013 auf 961.162 Beschäftigte im vergangenen Jahr.

Die Anfrage wurde am 4. März vom Bundestag veröffentlicht. Die Bundesregierung bezieht sich darin auf Daten der Bundesagentur für Arbeit. Von den rund 960.200 Beschäftigten waren danach rund 770.900 in Leiharbeitsfirmen und 190.300 in Betrieben beschäftigt, die nicht ausschließlich in der Arbeitnehmerüberlassung tätig sind.

Laut Bundesregierung gingen im Juni vorigen Jahres 219.351 Leiharbeitnehmer einer Beschäftigung in der Lagerwirtschaft und 107.204 in der Metallverarbeitung nach. Auf den weiteren Rängen folgen Tätigkeiten in den Bereichen Maschinenbau- und Vertriebstechnik und im Büro- und Sekretariatswesen. 888.500 Leiharbeitnehmer sind sozialversicherungspflichtig und 72.700 ausschließlich geringfügig beschäftigt gewesen. Von den sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten arbeiteten 754.400 in Vollzeit, 134.100 in Teilzeit, heißt es in der Antwort weiter.

Beate Müller-Gemmeke, Sprecherin für Arbeitnehmerrechte der Grünen-Fraktion, erklärte, Leiharbeit führe häufig in die Armut. Zwei Drittel der Leiharbeiter seien binnen neun Monaten wieder arbeitslos. Deshalb profitierten sie nicht von der geplanten gleichen Bezahlung nach neun Monaten im Entleih-Betrieb.

Zur Kontrolle von Firmen, die Leiharbeiter beschäftigen, sagte die Arbeitsmarktexpertin, die meisten Überprüfungen seien angekündigte Regelkontrollen. Das gehe zu Lasten der Leiharbeitskräfte. Der Antwort der Bundesregierung zufolge wurden 2015 rund 4.800 Betriebe kontrolliert und aufgrund von Verstößen knapp 2.200 Verwarnungen und Geldbußen verhängt. Die Zahlen der Prüfungen und der festgestellten Verstöße sind leicht gestiegen.

Das geplante Gesetz gegen den Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen liegt zur Zeit auf Eis. Die CSU fordert weitere Abschwächungen zugunsten der Unternehmen, die Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) ablehnt. Dem Entwurf zufolge soll die Dauer von Leiharbeit grundsätzlich auf 18 Monate beschränkt und nach neun Monaten der gleiche Lohn gelten wie für die Stammbelegschaften. Außerdem soll verboten werden, Leiharbeiter als Streikbrecher einzusetzen. Werkverträge sollen stärker reglementiert werden, damit sie nicht anstelle regulärer Anstellungen abgeschlossen werden.

Der Vorsitzende der Linkspartei, Bernd Riexinger, erklärte, Leiharbeit sei "moderne Sklaverei" und müsse abgeschafft werden. Leiharbeiter erhielten durchschnittlich nur 57 Prozent des mittleren Einkommens aller Beschäftigten, hätten weniger Rechte und ein höheres Risiko, arbeitslos zu werden.


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