sozial-Branche

Armut

Verbände fordern einheitliche Grundleistung für Kinder




Kind auf einem Spielplatz
epd-bild/Jens Schulze
Die staatlichen Leistungen für Kinder in Deutschland sind ungerecht, sagen kirchliche Organisationen, Sozialverbände und Experten. In einem Aufruf fordern sie die Bekämpfung der Armut und einen einheitlichen staatlichen Grundbetrag für alle Kinder.

Die staatlichen Leistungen ändern nach Darstellung von Wohlfahrtsverbänden nichts daran, dass die Kinderarmut und die Ungleichheit unter den Jüngsten weiter zunimmt. Die Verbände gingen am 31. Mai in Berlin mit einem Appell zur Bekämpfung der Kinderarmut an die Öffentlichkeit.

Sie forderten von der Politik eine einheitliche Grundförderung für alle Kinder. Es sei zutiefst ungerecht, dass Eltern mit höheren Einkommen für ihre Kinder mehr Unterstützung erhalten als Eltern mit mittleren oder niedrigen Einkommen, heißt es in dem Aufruf mit dem Titel "Wir wollen eine Gesellschaft, der jedes Kind gleich viel wert ist".

Gutverdiener werden entlastet

Der frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, sagte: "Bei jedem Kind muss der gleiche Betrag ankommen." Die Initiatoren des Appells kritisieren, dass Gutverdiener durch Steuerentlastungen pro Kind bis zu 277 Euro im Monat erhalten, während Normalverdiener 190 Euro und Hartz-IV-Empfänger gar kein Kindergeld bekommen, da die Leistung verrechnet wird. Staatliche Leistungen müssten die Ungleichheit mildern und nicht verstärken, sagte Schneider.

Der Marburger Sozialethiker Franz Segbers, der die Initiative nach dem Evangelischen Kirchentag in Stuttgart mit angestoßen hatte, sprach von einem "Gerechtigkeitsskandal: Wo die Not am größten ist, kommt am wenigsten an", sagte er. Benachteiligte Kinder lernten schon früh, dass sie weniger wert seien als andere. Die Verbände fordern in ihrem gemeinsamen Aufruf eine gleich hohe Geldleistung für alle Kinder.

Maria Loheide vom Vorstand der Diakonie Deutschland bezifferte die Summe, die einem Kind je nach Alter zukommen müsse, auf bis zu 300 Euro im Monat. Der Betrag müsse über den Hartz-IV-Sätzen für Kinder liegen und die verschiedenen heutigen Leistungen wie Kindergeld, Kinderfreibetrag und Kinderzuschlag und die Kinderregelsätze ersetzen. Insbesondere das Bildungs- und Teilhabepaket für bedürftige Kinder sei "viel zu kompliziert" und erreiche bedürftige Familien häufig nicht, sagte Loheide.

"Unerträglich hohe Kinderarmut"

Der Aufruf wurde von 30 Organisationen und 20 Einzelpersonen unterzeichnet, darunter die Diakonie Deutschland, die AWO, die Tafeln, der Kinderschutzbund und die Armutskonferenzen. Den Angaben zufolge leben in Deutschland rund drei Millionen Kinder in Familien, die über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens verfügen. Diese Familien sind laut EU-weit gültiger Definition armutsgefährdet oder arm.

Ulrich Schneider vom Paritätischen Wohlfahrtsverband sagte, die "unerträglich hohe Kinderarmut" sei "Ausdruck politischen Versagens". Der Deutsche Gewerkschaftsbund forderte zusätzliche Initiativen, um das Armutsrisiko von Haushalten mit Kindern zu verringern. Das Hartz-IV-Risiko werde stark von der Kinderzahl bestimmt.

Bettina Markmeyer

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