Ausgabe 31/2016 - 05.08.2016
Karlsruhe (epd). Vor der Einrichtung einer Betreuung müssen Betroffene immer vom Betreuungsgericht angehört werden. Dies dient nicht nur dem Recht des Betroffenen, ihm rechtliches Gehör zu gewähren, sondern vor allem soll auch das Gericht damit einen unmittelbaren persönlichen Eindruck erhalten, betonte der Bundesgerichtshof (BGH) in einem am 29. Juli veröffentlichten Beschluss. Nur weil der zu Betreuende sich weigert, die Betreuung nicht haben zu wollen oder den Betreuer ablehnt, sei dies noch kein Grund, auf die Betreuung zu verzichten, so die Karlsruher Richter.
Im konkreten Fall hatte ein geschiedener Mann die Betreuung seiner Ex-Frau im Bereich „Vertretung in dem Zugewinnausgleichsverfahren“ beantragt. Diese sei wegen ihrer psychischen Probleme nicht bereit, die scheidungsbedingte Aufteilung des Vermögens zu klären.
Das Landgericht Frankenthal lehnte die Bestellung eines Betreuers ab, ohne die Frau persönlich anzuhören. Diese kam einfach nicht zu einem Anhörungstermin.
Der BGH hob in seinem Beschluss die Landgerichts-Entscheidung auf. Nach dem Gesetz muss eine persönliche Anhörung des Betroffenen vor der Bestellung eines Betreuers erfolgen. Die persönliche Anhörung durch das Betreuungsgericht diene nicht nur dem Anspruch auf rechtliches Gehör des Betroffenen, sondern auch, „dem Gericht einen unmittelbaren Eindruck von dem Betroffenen zu verschaffen“.
Erscheine dieser nicht zu einer Anhörung, müsse notfalls die Vorführung zur persönlichen Anhörung mit Gewalt erfolgen. Hier habe es mit den psychischen Problemen der Frau Anhaltspunkte gegeben, die eine Betreuung begründen könnten. Das Gericht hätte dies mit der persönlichen Anhörung klären müssen.
Az.: XII ZB 603/15