sozial-Recht

Landessozialgericht

Jobcenter darf Zinsen auf Hartz-IV-Nachzahlung nicht zurückfordern



Langzeitarbeitslose, die für eine verspätete Hartz-IV-Nachzahlung auch Zinsen vom Jobcenter ausgezahlt, können das Geld behalten. Das Jobcenter darf die ausgezahlten Zinsbeträge später nicht als Einkommen werten, das zu niedrigeren Hartz-IV-Leistungen führt, entschied das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in einem am 21. Juli veröffentlichten Urteil. Wegen grundsätzlicher Bedeutung ließen die Stuttgarter Richter die Revision zum Bundessozialgericht (BSG) in Kassel zu.

Geklagt hatte ein Langzeitarbeitsloser, der seit 2005 im Hartz-IV-Leistungen erhält. Im Zuge eines Rechtsstreits mit seinem Jobcenter kam zu einem gerichtlichen Vergleich. Danach verpflichtete sich die Behörde, insgesamt 5.608 Euro an rechtswidrig einbehaltenen Hartz-IV-Leistungen nachzuzahlen. Das Jobcenter musste die verspätete Zahlung des Arbeitslosengeldes II zudem mit 280 Euro verzinsen.

Die Zinseinnahmen wertete das Jobcenter allerdings kurz darauf weitgehend als Einkommen und kürzte das Arbeitslosengeld II einmalig um 262,77 Euro.

Das LSG rügte jetzt dieses Vorgehen. Nach dem Sozialgesetzbuch II seien diese Zahlungen nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Bei den von Amts wegen gezahlten Zinsen handele es sich zwar nicht unmittelbar um Arbeitslosengeld-II-Leistungen, mittelbar aber sehr wohl.

Denn die Zinsen sollen den Hilfebedürftigen dafür entschädigen, dass das Jobcenter zu spät dem Hilfebedürftigen die existenzsichernde Leistung vorenthalten hat. Dieser Entschädigungszweck der Verzinsung würde aber unterlaufen, wenn die Zinsen die Hartz-IV-Leistung als Einkommen wieder mindern.

Az.: L 9 AS 4918/14


« Zurück zur vorherigen Seite


Weitere Themen

Schlafstelle gilt noch nicht als Wohnsitz

Eine Schlafstelle oder eine nur notdürftige Unterbringungsmöglichkeit in einem Betrieb macht noch keinen Wohnsitz in Deutschland aus. Ohne Wohnsitz können EU-Bürger aber kein deutsches Kindergeld beanspruchen, stellte das Finanzgericht Hamburg in einem am 5. Juli veröffentlichten Urteil klar.

» Hier weiterlesen

Kein Recht auf alkoholfreies Bier in der Sicherungsverwahrung

In der Sicherungsverwahrung untergebrachte Straftäter können nicht generell verlangen, dass sie alkoholfreies Bier kaufen können. Erhöhe der Konsum von alkoholfreiem Bier den Suchtdruck alkoholkranker untergebrachter Personen, werde damit die Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt gefährdet, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe in einem am 27. Juli veröffentlichten Beschluss.

» Hier weiterlesen

Erziehungsgeld bei Prozesskostenhilfe kein Einkommen

Bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe darf das in Bayern für bis zu sechs Monate gezahlte Erziehungsgeld nicht als Einkommen berücksichtigt werden. Gleiches gilt auch für einen vom Arbeitgeber gezahlten steuerfreien Verpflegungsmehraufwand, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg in einem am 26. Juli veröffentlichten Beschluss.

» Hier weiterlesen