Ausgabe 31/2016 - 05.08.2016
Stuttgart (epd). Langzeitarbeitslose, die für eine verspätete Hartz-IV-Nachzahlung auch Zinsen vom Jobcenter ausgezahlt, können das Geld behalten. Das Jobcenter darf die ausgezahlten Zinsbeträge später nicht als Einkommen werten, das zu niedrigeren Hartz-IV-Leistungen führt, entschied das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in einem am 21. Juli veröffentlichten Urteil. Wegen grundsätzlicher Bedeutung ließen die Stuttgarter Richter die Revision zum Bundessozialgericht (BSG) in Kassel zu.
Geklagt hatte ein Langzeitarbeitsloser, der seit 2005 im Hartz-IV-Leistungen erhält. Im Zuge eines Rechtsstreits mit seinem Jobcenter kam zu einem gerichtlichen Vergleich. Danach verpflichtete sich die Behörde, insgesamt 5.608 Euro an rechtswidrig einbehaltenen Hartz-IV-Leistungen nachzuzahlen. Das Jobcenter musste die verspätete Zahlung des Arbeitslosengeldes II zudem mit 280 Euro verzinsen.
Die Zinseinnahmen wertete das Jobcenter allerdings kurz darauf weitgehend als Einkommen und kürzte das Arbeitslosengeld II einmalig um 262,77 Euro.
Das LSG rügte jetzt dieses Vorgehen. Nach dem Sozialgesetzbuch II seien diese Zahlungen nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Bei den von Amts wegen gezahlten Zinsen handele es sich zwar nicht unmittelbar um Arbeitslosengeld-II-Leistungen, mittelbar aber sehr wohl.
Denn die Zinsen sollen den Hilfebedürftigen dafür entschädigen, dass das Jobcenter zu spät dem Hilfebedürftigen die existenzsichernde Leistung vorenthalten hat. Dieser Entschädigungszweck der Verzinsung würde aber unterlaufen, wenn die Zinsen die Hartz-IV-Leistung als Einkommen wieder mindern.
Az.: L 9 AS 4918/14