sozial-Branche

Diakonie

Projekt verschafft Arbeitslosen neue Job-Chancen




Lukas Baum an seinem Arbeitsplatz in der Wäscherei.
epd/Judith Michaelis
Erwerbslosigkeit wird oft über Generationen vererbt. Für Langzeitarbeitslose ist es schwer, einen Job auf dem regulären Arbeitsmarkt zu finden. Ein Diakonie-Projekt in Mönchengladbach zeigt, wie es gehen kann.

Mönchengladbach gehört zu den Städten mit steigender Langzeitarbeitslosigkeit. Manche Familien beziehen bereits in vierter Generation Sozialleistungen, Experten sprechen von einer "sozialen Vererbung der Arbeitslosigkeit". Lukas Baum ist einer der Menschen in der Stadt am Niederrhein, die in ärmlichen Verhältnissen aufwuchsen. Genau wie bei anderen Betroffenen sah es für ihn so aus, als fände sich kein Weg heraus. Doch jetzt hat er neue Hoffnung - dank eines Projekts des Diakonie-Integrationsunternehmens "Neue Arbeit".

"Ich habe die Hauptschule nach zehn Jahren mit dem Abschluss der Klasse 7 verlassen", erzählt der 24-Jährige. Nach der Schule vermittelte das Arbeitsamt den Jungen in eine sogenannte berufsvorbereitende Maßnahme. Es folgten ein Jahr in einer Jugendförderwerkstatt, wo Lukas den Hauptschulabschluss nachholte, und zwei Jahre Ausbildung zum Fachlageristen. "Eigentlich wollte ich Koch werden, aber das ist wegen meiner Größe schwierig", sagt der junge Mann, der mehr als zwei Meter misst.

70 Bewerbungen, 70 Absagen

Als Lagerist verschickte Baum mehr als 70 Bewerbungen und bekam fast ebenso viele Absagen. "Ich hatte auch ein paar Vorstellungsgespräche, aber die Stellen habe ich nicht bekommen", berichtet der Mönchengladbacher und fügt hinzu: "Ich denke, das hat mit meinem Aussehen zu tun." Baum ist nicht nur auffallend groß, er ist auch übergewichtig. Sieben Monate war der junge Mann, der bei seiner Mutter lebt, arbeitslos. Das Bett, das Fernsehgerät und die Spielkonsole bestimmten in dieser Zeit sein Leben. "Da hab ich mich nicht gut gefühlt", erinnert sich Baum, dessen Selbstbewusstsein schon vorher nicht sehr ausgeprägt war.

Schließlich vermittelte das Jobcenter den jungen Mann in die Radstation des Diakonischen Werks. Baum lernte, Fahrräder zu reparieren, zu warten, zu pflegen. "Das war gut, aber die Stelle war auf ein Jahr befristet." Nun ist Baum in der vierten Maßnahme. Seit Ende 2015 arbeitet er 35 Stunden pro Woche in der Wäscherei, einer Tochterfirma der "Neuen Arbeit - Diakonie Mönchengladbach". Auch wenn es sich wieder um eine öffentlich geförderte Beschäftigung handelt, hat Baum das Gefühl, einen richtigen Job zu haben.

Arbeitsbedingungen sollen realistisch sein

Geschäftsführer Klaus Bamberg legt Wert auf realistische Arbeitsbedingungen. "Wir sprechen hier bewusst von Betrieb und von Mitarbeitern, nicht von Maßnahme und geförderter Beschäftigung", sagt Bamberg. Der Betrieb sei außerordentlich erfolgreich, stellte NRW-Arbeitsminister Rainer Schmeltzer (SPD) kürzlich bei einem Besuch fest. "Sie schaffen es, 36 Prozent ihrer Mitarbeiter, die vorher langzeitarbeitslos waren, in den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln." Das liege über dem Landesdurchschnitt.

Schmeltzer nannte das Unternehmen ein Beispiel dafür, wie "mit einer guten Programmatik und zugegebenermaßen viel Geld" Erfolge erzielt werden könnten. Rund 50 Mitarbeiter sind in der Wäscherei der "Neuen Arbeit" beschäftigt, darunter viele alleinerziehende Mütter, die als Teilzeitkräfte arbeiten. In dem Unternehmen, einem der größten und modernsten dieser Art, werden die Textilien von 160 Krankenhäusern und Altenheimen sortiert, gereinigt, gemangelt und gefaltet.

Maximal zwei Jahre können die Mitarbeiter bleiben, dann müssen sie so fit sein, dass sie es in einen regulären Job auf dem Arbeitsmarkt schaffen. Neben fünf Sozialarbeitern, die bei der "Neuen Arbeit" angestellt sind, gibt es Job-Coaches zur Betreuung der Mitarbeiter. Auf 20 Beschäftigte kommt ein Coach.

Soziale Begleitung ist unverzichtbar

"Die soziale Begleitung ist absolut notwendig", sagt Marion Schaefer-Henze, Abteilungsleiterin des Sozialdienstes bei der "Neuen Arbeit". Davon profitiert auch Lukas Baum. "Ich bin Fachlagerist und will in diesem Beruf arbeiten", sagt der 24-Jährige. Er hat in den neun Monaten, die er jetzt in der Wäscherei tätig ist, deutlich an Selbstbewusstsein gewonnen. "Um das zu schaffen, nehme ich jetzt erst mal ab", sagt er.

Statt Cola steht nun die Wasserflasche an seinem Arbeitsplatz, und statt vor dem Fernsehgerät oder der Spielkonsole zu sitzen, geht Baum in seiner Freizeit jetzt oft spazieren. Zum ersten Mal nimmt der Mönchengladbacher sein Leben selber in die Hand.

Stephanie Wickerath

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