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Straßenkinder

Außenstelle für Projekt "Freezone" in Ludwigshafen abgelehnt



Seit drei Jahren will die diakonische Einrichtung "Freezone" für obdachlose Jugendliche aus Mannheim auch in der Schwesterstadt Ludwigshafen eine Dependance errichten. Stadtverwaltung und evangelische Kirche sehen dort jedoch keinen Bedarf.

Ob das Mannheimer Straßenkinder-Projekt "Freezone" auch eine Außenstelle in Ludwigshafen eröffnen kann, bleibt fraglich. Die Stadt Ludwigshafen habe nach dreijähriger Planungsphase keine Baugenehmigung erteilt, sagt der Sozialarbeiter Markus Unterländer. Eine zweite Einrichtung für obdachlose Kinder und Jugendliche sei jedoch dort nötig: Ein Drittel der jährlich rund 40 Übernachtungsgäste stamme aus der Stadt und Region Ludwigshafen.

Als Gründe für ihr "Nein" habe die hoch verschuldete Stadt Ludwigshafen angeführt, weder Bedarf noch finanzielle Mittel an einer Einrichtung für junge Obdachlose zu haben, sagt Unterländer. Das 1997 gegründete Projekt "Freezone" in der Mannheimer Innenstadt will jungen Menschen zwischen zwölf und 25 Jahren, die auf der Straße leben, Halt und eine Perspektive geben. Es wird seit 2010 vom diakonischen Johann-Peter-Hebel-Heim der Evangelischen Kinder- und Jugendhilfe Nordbaden getragen.

Suche nach einem Haus scheiterte

Ohne Erfolg habe "Freezone" in Ludwigshafen nach einer geeigneten Immobilie gesucht, beklagt Unterländer. Die Zeit für die Eröffnung der Außenstelle auf der anderen Rheinseite dränge: Der Zugriff auf die vom Spendenverein "Herzenssache" zugesagten rund 250.000 Euro für Gebäude und Mitarbeiter verfalle sonst Ende Februar 2017.

Ursprünglich habe die Stadt Ludwigshafen das Projekt unterstützt, für das "Freezone" eine jährliche kommunale Unterstützung von 80.000 Euro erwünscht habe. Gegen den ablehnenden Bescheid sei nun Widerspruch eingelegt worden, rechtliche Schritte würden erwogen. "Freezone" vermutet, das die Stadt Ludwigshafen die Sorge für obdachlose Jugendliche nach Mannheim verschiebe - auch weil man sie "nicht in der Nachbarschaft" haben wolle.

Aufgrund bereits bestehender Angebote sei eine weitere Einrichtung für die Unterbringung obdachloser Heranwachsender in Ludwigshafen nicht erforderlich, bestätigt die Stadt Ludwigshafen. Bereits im Juni sei "Freezone" mitgeteilt worden, dass die Kommune das Projekt aufgrund seiner Größe, der aktuellen Bedarfslage und der Kooperation mit den in Ludwigshafen ansässigen Trägern der Kinder- und Jugendhilfe nicht unterstützen könne.

Stadt plant ohne den diakonischen Träger

Zur Verbesserung der Reaktionsmöglichkeiten bei vorübergehender Obdachlosigkeit von Jugendlichen sei die Stadt Ludwigshafen mit ihrem Trägerverbund in fortgeschrittenen Planungsgesprächen, heißt es. Partner seien auch das Caritasübernachtungsheim St. Martin und der Pfälzische Verein für Soziale Rechtspflege. Eine weitere Einrichtung eines bisher in Ludwigshafen nicht ansässigen Trägers erübrige sich daher.

Auch die Ludwigshafener Dekanin Barbara Kohlstruck hält das Hilfsangebot für obdachlose Kinder und Jugendliche in ihrer Stadt für ausreichend. Die Ökumenische Fördergemeinschaft der evangelischen und katholischen Kirche kümmere sich mit ihrer Straßensozialarbeit und ihren Jugendtreffs um diese Klientel.

Der Ansatz von "Freezone" besteht aus einer Kombination aus fester Anlaufstelle mit geregelten Öffnungszeiten und Streetwork. Dort können junge Obdachlose tagsüber ihre Wäsche waschen, duschen, sich zurückziehen und bei sechs Schlafplätzen als Erwachsene auch übernachten. Beraten und betreut werden sie von Sozialarbeitern. In einer Straßenschule können sie ihren Haupt- oder Realschulabschluss nachholen. "Freezone" hofft indes weiter auf eine Chance in Ludwigshafen. "Wir hängen zwischen Himmel und Erde", sagt Sozialarbeiter Unterländer.

Alexander Lang

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