sozial-Recht

Bundesgerichtshof

Krankenhaus muss hohen Hygienestandard belegen




Auf der Intensivstation eines Krankenhauses.
epd-bild / Werner Krüper
Bei konkreten Vorwürfen wegen Hygienemängeln sind Krankenhäuser in der Beweispflicht. Sie müssen nach einem höchstrichterlichen Beschluss darlegen können, dass Komplikationen nach einer Operation nicht auf Klinikkeime zurückzuführen sind.

Führt ein Patient eine erlittene Infektion auf konkret benannte, höhere Hygienerisiken im Krankenhaus zurück, muss die Klinik die Einhaltung der geltenden Hygienestandards beweisen. Andernfalls kann dies letztlich zu einem Schadenersatz- und Schmerzensgeldanspruch des Patienten für seine Gesundheitsbeeinträchtigungen führen, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am 29. September veröffentlichten Beschluss.

Immer wieder Entzündungen

Geklagt hatte ein Patient aus Niedersachsen. Der Kfz-Meister hatte sich im November 2009 wegen eines "Tennisarms" krankschreiben lassen. Als die üblichen Therapiemaßnahmen wie Gipsbehandlung und Krankengymnastik zu keiner Besserung führten, wurde er schließlich am Ellenbogen operiert. Doch die dabei erlittene Wunde entzündete sich immer wieder. Es wurden drei Nachoperationen erforderlich. Noch heute leidet der 43-Jährige unter einem Ruhe- und Belastungsschmerz.

Die Gesundheitsbeschwerden führte er auf die Wundinfektion zurück, die auf Hygienemangel im Krankenhaus basierten. Denn er habe sein Krankenhauszimmer mit einem Patienten geteilt, der eine infizierte, nicht ausgeheilte Wunde im Knie gehabt habe. Offenbar hätten die Ärzte den Hautkeim Staphylococcus aureus nicht in den Griff bekommen. Wegen der wahrscheinlichen Hygienemängel müsse die Klinik beweisen, dass sie nicht für die Infektion verantwortlich ist.

Das Oberlandesgericht (OLG) Celle urteilte, dass der 43-Jährige den Verstoß gegen Hygienestandards durch das Krankenhaus nicht ausreichend belegt habe. Es sei damit nicht klar, ob die Klinik für einen Behandlungsfehler verantwortlich sei. Die Klage wurde abgewiesen und die Revision nicht zugelassen.

Einhaltung von Hygienestandards

Die dagegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hatte vor dem BGH Erfolg. Zwar könnten Vorgänge im lebenden Organismus "auch vom besten Arzt nicht immer so beherrscht werden, dass schon der ausbleibende Erfolg oder auch ein Fehlschlag auf eine fehlerhafte Behandlung" hindeuten würde, so der BGH. Die Beweislast liege hier beim Patienten.

Die Klinik sei aber für die Einhaltung von Hygienestandards verantwortlich wie die Reinheit von Desinfektionsmitteln und vermeidbare Keimübertragung durch das Pflegepersonal und die Ärzte. Dies zähle zum "voll beherrschbaren Bereich" des Krankenhauses.

Im konkreten Fall habe es sich um einen Hautkeim gehandelt, der zwar bei jedem Menschen zu finden sei. So könne der Keim vom Träger selbst oder von Besucher in die Wunde geraten sein. Allerdings habe der Kläger geltend gemacht, dass ein Mitpatient im Zimmer eine nicht ausgeheilte Wunde hatte.

Ein Sachverständiger habe erklärt, dass er zu einem solchen Patienten keinen Patienten mit einer offenen Wunde legen würde. Zulässig sei dies nach den geltenden Empfehlungen nur, wenn erhöhte Hygienestandards eingehalten werden. Dies führe dazu, dass es nun Sache des Krankenhauses ist, die Einhaltung der erhöhten Hygienestandards zu beweisen, so der BGH. Das OLG Celle muss dies nun noch einmal prüfen.

Az.: VI ZR 634/15

Frank Leth

« Zurück zur vorherigen Seite


Weitere Themen

Schulbehörde darf Flüchtlingskinder gleichmäßig verteilen

Die Schulbehörden der Länder dürfen Maßnahmen ergreifen, um Flüchtlingskinder gleichmäßig auf alle Schulen zu verteilen. Die Schulbehörde muss die dafür erlassene Verordnung aber zeitnah an die tatsächliche Zahl der Flüchtlingskinder anpassen, entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Bremen in zwei am 19. Oktober bekanntgegebenen Beschlüssen. Allerdings muss die entsprechende Verordnung zeitnah an die tatsächliche Zahl der Flüchtlingskinder angepasst werden.

» Hier weiterlesen

Kein Kita-Platz: Stadt haftet für Verdienstausfall

Stellt eine Stadt nicht genügend Betreuungsplätze für Kinder zur Verfügung, können Eltern Schadenersatz geltend machen. Die Stadt hafte auch für den erlittenen Verdienstausfall von berufstätigen Eltern, entschied der Bundesgerichtshof. Er gab am 20. Oktober in Karlsruhe drei Müttern aus Leipzig recht, die die Stadt auf Ersatz ihres Verdienstausfalls verklagt hatten, weil sie keinen Kita-Platz für ihre einjährigen Kinder bekommen hatten. Kommunen seien verpflichtet, "eine ausreichende Zahl von Betreuungsplätzen selbst zu schaffen oder durch geeignete Dritte - freie Träger der Jugendhilfe oder Tagespflegepersonen - bereitzustellen".

» Hier weiterlesen

Bei häufigem Krankfeiern droht im Kleinbetrieb leichter Kündigung

In einem Kleinbetrieb können hohe krankheitsbedingte Fehlzeiten leichter zu einer Kündigung führen. Das gilt etwa dann, wenn die Fehlzeiten erhebliche organisatorische Probleme mit sich bringen und eine Neueinstellung notwendig machen, stellte das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz in Mainz in einem am 11. Oktober schriftlich veröffentlichten Urteil klar. Damit ist eine medizinische Fachangestellte ihren Job in einer Arztpraxis nun los.

» Hier weiterlesen