Ausgabe 04/2017 - 27.01.2017
Frankfurt a.M. (epd). Immer öfter fordern Politiker ein konsequenteres Durchgreifen bei Abschiebungen. Dabei scheinen sie oft zu übersehen, dass die nationale wie die internationale Rechtslage die Rückführung abgelehnter Asylbewerber in Zehntausenden von Fällen verhindert. Denn es gilt der Grundsatz: Nicht jeder abgelehnte Asylbewerber ist "unmittelbar ausreisepflichtig", viele dieser Menschen bleiben oft regulär über Jahre im Land.
Selbst wenn ein Migrant ohne Aufenthaltsstatus der Aufforderung nicht nachkommt, Deutschland zu verlassen, kann seine Abschiebung aufgeschoben oder gar ausgesetzt werden, erläutern die Experten des "Mediendienstes Integration".
Demnach kann die Abschiebung aufgeschoben und eine "Duldung" erteilt werden, wenn:
- die Landesbehörde die Abschiebung "aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen" für maximal drei Monate aussetzt,
- der Ausländer eine qualifizierte Berufsausbildung begonnen hat,
- der Betroffene ein minderjähriges Kind hat, das im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist, - er mit einem anderen Geduldeten eng verwandt ist,
- ein Arzt bescheinigt, dass der Abzuschiebende eine schwerwiegende Erkrankung hat
- rechtliche Gründe vorliegen, die eine Ausreise hindern, wie etwa fehlende oder unvollständige Reisedokumente.
Mitte 2016 lebten fast 550.000 Asylbewerber in Deutschland, deren Asylantrag abgelehnt wurde. Aber: Unmittelbar ausreisepflichtig waren nur rund 53.000 Personen. Die übrigen Betroffenen erhielten vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) unterschiedliche Aufenthaltsrechte, etwa eine Duldung oder es wurde ein Abschiebeverbot verhängt.
Zum Stichtag 30. Juni 2016 wurden abgelehnte Asylbewerber in Deutschland nach Angaben des Bundestages aus folgenden Gründen "geduldet":
- fehlende Reisedokumente: 37.020
- Abschiebestopp für bestimmten Gruppen oder in bestimmte Staaten: 10.620
- Dringende humanitäre oder persönliche Gründe (z. B. Betreuung kranker Familienangehöriger): 3.407
- familiäre Bindungen zu anderen Geduldeten: 2.519
- Medizinische Gründe: 1.762
- Eltern von minderjährigen Kindern: 293
- sonstige Gründe: 107.400