Ausgabe 08/2017 - 24.02.2017
München (epd). Eine Witwe aus Oberbayern kann sich nicht mit dem tiefgekühlten Samen ihres verstorbenen Ehemannes künstlich befruchten lassen. Auch wenn die Frau auf ihr Recht auf Fortpflanzung pocht, muss die Samenbank die dort gelagerten Spermaproben nicht herausgeben, entschied das Oberlandesgericht München in einem am 22. Februar verkündeten Grundsatzurteil. Bei einer Herausgabe des tiefgefrorenen Samens würde ansonsten das postmortale Persönlichkeitsrecht des verstorbenen Ehemannes verletzt.
Der Mann hatte zu Lebzeiten 13 Spermaproben für eine mögliche künstliche Befruchtung seiner Frau in der Samenbank einlagern lassen. Laut Vertrag mit der Samenbank war er der alleinige Eigentümer seines Spermas
Als der Mann am 31. Juli 2015 an den Folgen einer Herztransplantation starb, verlangte die Witwe die Herausgabe der Spermaproben ihres verstorbenen Mannes. Sie wollte sich damit künstlich befruchten lassen, argumentierte sie und reklamierte ein Recht auf Fortpflanzung für sich. Das Recht, die Gene ihres verstorbenen Mannes weiterzugeben, sei höher zu bewerten als der Aspekt, dass das Kind ohne Vater aufwachse.
Die Samenbank lehnte die Herausgabe der Spermaproben mit Verweis auf das Embryonenschutzgesetz ab. Danach droht eine bis zu dreijährige Haftstrafe oder eine Geldstrafe, wenn wissentlich eine Eizelle mit dem Samen eines Toten künstlich befruchtet wird. Man wolle sich nicht der Beihilfe schuldig machen, argumentierte die Samenbank.
Das Oberlandesgericht hielt die gesetzlichen Bestimmungen für verfassungsgemäß. Die Witwe könne auch als Erbin die Herausgabe des Spermas nicht verlangen. Die künstliche Befruchtung mit Sperma eines Verstorbenen sei wegen des Kindeswohls unter Strafe gestellt worden.
Die Klägerin verkenne zudem, dass mit der Herausgabe des Spermas das postmortale Persönlichkeitsrecht ihres verstorbenen Ehemannes verletzt werde. Dieser habe weder im Vertrag mit der Samenbank noch in seinem Testament seinen Willen kundgetan, dass auch nach dem Tod sein Sperma verwendet werden soll. Allein schon wegen des fehlenden erklärten Willens des Verstorbenen dürfe die Witwe nicht über die 13 Spermaproben verfügen, urteilte das Gericht. Eine Revision zum Bundesgerichtshof in Karlsruhe wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung des Falles zugelassen.
Az: 3 U 4080/16