Ausgabe 12/2017 - 24.03.2017
Berlin (epd). Millionen Minijobbern werden gesetzliche Arbeitnehmerrechte verwehrt. Zu diesem Schluss kommt eine Untersuchung der nordrhein-westfälischen Landesregierung, die Landesarbeitsminister Rainer Schmeltzer (SPD) am 23. März in Berlin vorstellte. Danach liegen 14,5 Prozent der Minijobber unter dem Mindestlohn. Von den Arbeitgebern gaben 20 Prozent an, bezahlten Urlaub zu verweigern, 18 Prozent zahlen im Krankheitsfall keinen Lohn und 31 Prozent lassen bezahlte Feiertage unter den Tisch fallen. In der Summe addierten sich die Verstöße gegen geltendes Recht auf mindestens 48 Prozent, heißt es in der Studie.
"Hier liegen klare Gesetzesverstöße vor", sagte Schmeltzer. Vor allem der Handel und das Gastgewerbe hielten sich nicht an die gesetzliche Vorgabe. Deshalb müsse die Branche stärker kontrolliert werden. Laut einer Vergleichsstudie erhielten 2012 rund 50 Prozent der Befragten mit Minijob weniger als den 2015 beschlossenen Mindestlohn von 8,50 Euro.
Schmeltzer sieht aber auch die Minijobber in der Verantwortung. 75 Prozent verzichteten auf eine rechtliche Beratung. Der Arbeitsminister unterstrich: "Minijobber haben die gleichen Rechte wie alle anderen Beschäftigten", sie seien Teilzeitbeschäftigte "und keine Arbeitnehmer zweiter Klasse." Deshalb seien Aufklärung und Informationen wichtig. Zudem müssten die Rechte der Minijobber gestärkt werden.
Bundesweit gibt es rund sieben Millionen Minijobber. 25 Prozent davon entfallen auf Nordrhein-Westfalen, wie Ronald Bachmann vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle angab. Das Institut befragte 25.000 Arbeitnehmer mit Minijobs und 10.000 Arbeitgeber aus Nordrhein-Westfalen. Aufgrund der Bevölkerungsstruktur und des hohen Anteils von Minijobbern im Land ließen sich die Ergebnisse zum größten Teil auf ganz Deutschland übertragen, sagte Bachmann.
Danach sind 52 Prozent der befragten Arbeitnehmer mit ihrem Minijob zufrieden und wünschten sich keine Änderung. Nur 5,6 Prozent von ihnen streben eine Voll- oder Teilzeitbeschäftigung an. 2012 waren das noch 22,6 Prozent. Zwei Drittel bessern mit der geringfügigen Beschäftigung ihr Haushaltseinkommen auf, fast jeder dritte übt den Minijob im Nebenverdienst aus.
Auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die flexiblen Arbeitszeiten und die Chance, Berufserfahrung zu sammeln, sind Gründe für einen Minijob. Mit 63 Prozent arbeiten wesentlich mehr Frauen als Männer in Minijobs. Von den Arbeitgebern gaben rund 13 Prozent an, nach Einführung des Mindestlohns einen Minijob durch eine Voll- oder Teilzeitstelle ersetzt zu haben.
Die Grünen-Arbeitsmarktexpertin Brigitte Pothmer kritisierte, statt Kleinstjobs müssten mehr existenzsichernde Arbeitsplätze gefördert werden. Von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) forderte sie bessere Kontrollen des Mindestlohns, von der Großen Koalition mehr Engagement, um die geringfügigen Beschäftigungen in sozialversicherungspflichtige Jobs umzuwandeln. Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linken-Fraktion, Jutta Krellmann, verlangte, abhängige Beschäftigung müsse "ab dem ersten Euro" sozialversicherungspflichtig sein. "Von Minijobs, Leiharbeit, erzwungener Teilzeit und befristeten Stellen kann niemand leben", kritisierte sie.
Bei einer geringfügigen Beschäftigung dürfen Arbeitnehmer bis zu 450 Euro im Monat verdienen, ohne Sozialabgaben zahlen zu müssen.