sozial-Branche

Bayern

Arbeitgeber Kirche und Diakonie öffnen sich für Nichtchristen




In Bayern sollen auch Nichtmitglieder der ACK-Kirchen in diakonischen Einrichtungen arbeiten können, wie hier etwa chinesische Pflegekräfte in Frankfurt am Main. (Archivbild)
epd-bild / Thomas Lohnes
Der leer gefegte Arbeitsmarkt zwingt Kirche und Diakonie zur Öffnung: Ab 1. Juli können auch Nichtchristen für die evangelische Kirche und die Diakonie in Bayern arbeiten. Die sogenannte ACK-Klausel wird geändert.

Unter bestimmten Bedingungen würden Menschen anderer Religionen oder ohne Religion beschäftigt, heißt es in einer Mitteilung der Arbeitsrechtlichen Kommission (ARK) vom Dienstag. Das gelte etwa für Erzieher, Altenpfleger oder Mitarbeiter in der Verwaltung oder der Hauswirtschaft. Pflicht werden jetzt für alle neuen Mitarbeiter "Willkommenstage", an denen sie das "diakonisch-christliche Profil" kennenlernen sollen.

Für diesen Schritt ändern Kirche und Diakonie ihre Klausel, nach der bisher alle Mitarbeitenden Mitglied einer der Kirchen der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen (ACK) sein mussten. Es sei immer schwieriger, für die sozialen Berufe qualifiziertes evangelisches Personal zu finden, begründet die ARK den Schritt.

"Müssen Auftrag weiter erfüllen können"

"Damit wir unseren Auftrag weiter erfüllen können, ist es uns wichtig, dass die AcK-Klausel nun bestimmte Ausnahmen zulässt", sagte Tobias Mähner, stellvertretender Vorsitzender der ARK und zweiter Vorstand der Diakonie Bayern. Allerdings gehöre zu den Bedingungen der neuen AcK-Klausel, "dass ohne die Besetzung der fraglichen Stelle der Betrieb der betreffenden Einrichtung nicht mehr aufrechterhalten werden kann", sagte Mähner dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Kirche und ihre Diakonie standen laut Mähner gemeinsam vor der Aufgabe sicherzustellen, dass der evangelische Charakter kirchlicher und diakonischer Einrichtungen weiter gewahrt und erkennbar bleibt. "Allen Beteiligten war es wichtig, dass die neuen Regelungen dabei klar und für alle anwendbar sein müssen", sagte der Vorstand. Das habe etwas Zeit gebraucht und sei nun gut gelungen.

Fälle bleiben Einzelentscheidung

Trotz der neuen Regelung bleibe die Einstellung von Mitarbeitern, die nicht der evangelischen Kirche oder gar keiner christlichen Glaubensgemeinschaft angehörten, immer eine Einzelentscheidung, erklärte der Sprecher der Landeskirche, Johannes Minkus, auf epd-Anfrage. Die neue Regelung habe die bisherige Praxis explizit aufgenommen. Mit der neuen AcK-Klausel würden die kirchlichen und diakonischen Einrichtungen einerseits Entscheidungsspielräume, andererseits auch klare Kriterien für diese Spielräume erhalten.

Die Ausnahmen von der ACK-Klausel sollen also begrenzt bleiben. Grundsätzlich soll weiter gelten, dass wer bei evangelischer Kirche und Diakonie arbeiten wolle, Mitglied der evangelischen oder einer anderen ACK-Kirche ist, teilte die ARK mit. Pfarrer, Kirchenmusiker, Religionspädagogen und Jugendreferenten sowie alle, die mit Verkündigung und katechetischer Unterweisung zu tun haben oder in hervorgehobenen Leitungspositionen sind, müssen weiter Mitglied in der evangelischen Kirche sein.

Für Geschäftsführer, Referenten, Chefärzte, Kindergartenleiter oder Schulleiter könne dagegen eine Ausnahme gemacht werden, wenn sie deutlich besser qualifiziert sind als andere Bewerber mit einer AcK-Mitgliedschaft. Die weiter gehende Öffnung betrifft Erzieher, Altenpfleger, Ärzte, Assistentinnen, Hauswirtschafterinnen oder Verwaltungsmitarbeitende. Dabei dürften aber die Anforderungen "an die Identifikation mit der Kirche nicht zu hoch sein", heißt es in der Vereinbarung.

Seminare werden schon länger angeboten

Die vorgesehenen Seminare über das Profil der christlichen Dienstgemeinschaften bieten große diakonische Einrichtungen laut Mähner bereits seit längerem an. Außerdem sei geplant, dass es in den Regionen "Willkommenstage" gibt, die vom Diakonie-Landesverband für kleinere Träger und Einrichtungen organisiert und durchgeführt werden können, bei denen individuelle Angebote zu aufwendig oder zu teuer wären.

Über die Änderung der ACK-Klausel zeigte sich Christiane Münderlein, Vorstand des Evangelischen KITA-Verband Bayern (evKITA), erleichtert. Bei fehlenden 11.000 Erzieherinnen in Bayern sei der Schritt aber "nur ein Tropfen auf den heißen Stein". Es sei weiter wichtig, neue Fachkräfte auszubilden, sagte Münderlein.

Die Arbeitsrechtliche Kommission ist für die Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen der Mitarbeitenden in Kirche und Diakonie zuständig. Die 16 Sitze sind mit paritätisch je vier Vertretern der Mitarbeitenden im kirchlichen Dienst, der Mitarbeitenden im diakonischen Dienst, der kirchlichen Körperschaften und der Träger diakonischer Einrichtungen besetzt.

Jutta Olschewski

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