Ausgabe 20/2017 - 19.05.2017
Freiburg, Frankfurt a.M. (epd). Zum Internationalen Tag der Pflege am 12. Mai hat die Diakonie bei vielen Aktionen in mehreren Bundesländern bessere Arbeitsbedingungen für das Pflegepersonal angemahnt. Vor allem der Wunsch, mehr Zeit für Zuwendung und Gespräche in Job zu haben, war immer wieder zu hören. Diakonie-Präsident Ulrich Lilie forderte zudem eine bessere Bezahlung von Fachkräften der Altenpflege.
Lilie sagte in Frankfurt a.M., die Vergütung sollte genauso sein wie bei Fachkräften der Krankenpflege. Die Wissens- und Qualitätsanforderungen in der Ausbildung sollten auf dem gleichen Niveau liegen. Daher appellierte Lilie an die Bundestagsfraktionen, das Anfang 2016 vom Bundeskabinett beschlossene Pflegeberufegesetz noch in diesem Sommer vor der Bundestagswahl zu verabschieden.
Ebenso verlangte der Diakoniepräsident eine bessere Refinanzierung der Pflege, um höhere Vergütungen realisieren zu können. Die Kommunen müssten für diesen Zweck gleichmäßig ausgestattet werden, sagte Lilie. Bisher gebe es große Unterschiede, was die Sozialämter zahlen könnten. Um den Eigenanteil der alten Menschen in Pflege stabil zu halten, müsse außerdem die Pflegeversicherung neu austariert werden. Die Diakonie entlohne ihre Fachkräfte überdurchschnittlich, müsse aber die Gehälter trotzdem begrenzen, sagte Lilie. Sonst würden die Pflegeplätze so teuer, dass die Sozialhilfeträger billigere Einrichtungen vorzögen.
"In vielen Pflegeheimen sind die Arbeitsbedingungen für die Pflegekräfte frustrierend, weil der Zeitdruck enorm ist", sagte die Berliner Diakoniedirektorin Barbara Eschen. Die Personalbemessung in der stationären Pflege müsse deshalb an den neuen Bedarf angepasst und dies in der Finanzierung berücksichtigt werden. "Der Fokus der Politik muss auf der Verbesserung der Arbeits- und Ausbildungsbedingungen in der Pflege liegen", betonte Eschen.
Die Posts der Diakonie-Mitarbeiter wurden unterdessen auf der Aktionsseite www.aktionstag-pflege-2017.de veröffentlicht. Zum bundesweiten Aktionstag gehörten auch Teerunden, in denen Pflegekräfte mit Interessierten, Fachleuten und Passanten ins Gespräch kommen konnten.
Nach Angaben von ver.di protestierten Pflegekräfte unter dem Motto "Auf der Strecke geblieben" gegen den Personalmangel in den Krankenhäusern. Die Gewerkschaft forderte unterdessen von der Bundesregierung die Schaffung von 20.000 zusätzlichen Vollzeitstellen in der Pflege.
Mehr Zeit für "Herzlichkeit", "Aufmunterung" oder "persönliche Beziehungen" schrieben Pfleger als Wünsche bei einer Plakataktion in Freiburg auf ihre Poster. Die Diakonie Baden hatte aufgerufen. Fast 70 Fachkräfte der Diakonie und des Caritasverbandes der Erzdiözese Freiburg folgten dem Aufruf und unterstützten damit die Forderung der Diakonie Baden nach mehr Personal.
"Der Personalschlüssel ist sozusagen auf Kante geschnitten", sagte Hartmut von Schöning, Vorstand des evangelischen Stifts Freiburg, bei einer Pressekonferenz. Sobald ein Mitarbeiter erkranke, werde es problematisch. "Für die zu Pflegenden wurde in der letzten Legislaturperiode viel getan, jetzt geht es darum, sich um die Pfleger zu kümmern", erklärte Diakonie-Pressesprecher Christian Könemann. Die hohe Arbeitsbelastung dürfe nicht zu Gesundheitsschäden führen. Laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung werden 2030 fast eine halbe Million Fachkräfte in der Pflegebranche fehlen.
Die Diakonie erwartet daher von Bund und Land, dass sie sich für eine gesellschaftliche Aufwertung des Berufes einsetzen, etwa durch eine gemeinsame Kampagne, und dass sie die Finanzierung der Einrichtungen verbessern. Derzeit trage die Politik zum Beispiel Tarifsteigerungen nicht in allen Bereichen mit, daher müssten die Einrichtungen die zusätzlichen Kosten tragen. "Das ist eine Form der Bestrafung für tarifzahlende Einrichtungen", sagte Könemann.
Im Anschluss stellte die Diakonie das Projekt "Altenpflege-Ausbildung für Flüchtlinge" vor. Ab dem Herbst 2017 werden 20 Flüchtlinge eine Ausbildung im Pflegebereich beginnen. Das Ziel sei es, den Menschen eine Zukunft in ihrer neuen Heimat zu ermöglichen und zeitgleich dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, erklärte Inge-Dorothea Boitz-Gläsel von der evangelischen Sozialstation Freiburg. Voraussetzungen für die dreijährige Ausbildung seien eine Bleibeperspektive, neun absolvierte Schuljahre sowie ausreichende Sprachkenntnisse.
NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) forderte zum Aktionstag mehr Geld für eine menschenwürdige Pflege. "Wir müssen als Gesellschaft Farbe bekennen und sagen: Lebensqualität im Alter und menschenwürdige Pflege sind uns etwas wert", erklärte Steffens in Düsseldorf. "Würde gibt es nicht zum Schnäppchenpreis!"
Die Ministerin erneuerte ihre Forderung nach bundesweit einheitlichen Personalschlüsseln für Pflegekräfte in Krankenhäusern und Pflegeheimen. An den Mehrkosten müsse sich auch die Pflegeversicherung angemessen beteiligen, forderte Steffens. Sonst gehe jede personelle Verbesserung finanziell allein zulasten der Pflegebedürftigen. "Das darf nicht länger so bleiben, denn schon jetzt wird Pflege wieder mehr und mehr zum Armutsrisiko."