sozial-Politik

Flüchtlinge

Schärferes Abschieberecht stößt auf viel Kritik




Sammelabschiebung vom Münchner Flughafen.
epd-bild/Lukas Barth
Mit der Mehrheit der Stimmen von Union und SPD hat der Bundestag ein schärferes Abschieberecht beschlossen. Opposition und Sozialverbände lehnen die Regelungen ab. Das Gesetz behandele alle Flüchtlinge wie potenzielle Straftäter, rügte die Arbeiterwohlfahrt (AWO).

Nach dem neuen Gesetz können Ausländer ohne Aufenthaltsstatus künftig leichter in Abschiebehaft genommen werden, wenn von ihnen eine "erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter" oder die innere Sicherheit ausgeht. Das Gesetz aus dem Haus von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sieht auch vor, dass technische Geräte wie Smartphones von Flüchtlingen künftig zur Ermittlung der Identität ausgelesen werden dürfen.

Die Opposition lehnte die Regelungen ab. Auch zwei SPD-Abgeordnete stimmten am 18. Mai dagegen. Pro Asyl, Amnesty International und Caritas kritisierten die Verschärfung der Abschieberegelungen scharf.

Das Paket setzt Absprachen zwischen den Bundesländern und der Bundesregierung um, die sich zum Ziel gesetzt haben, abgelehnte Asylbewerber künftig konsequenter und schneller in ihre Heimat zurückzuschicken. Ende Februar verzeichnete die Statistik rund 215.000 ausreisepflichtige Ausländer, 60.000 davon hatten keine Duldung.

Gesetz sieht auch Residenzpflicht vor

Neben einer Erweiterung der Abschiebehaft sowie des sogenannten Ausreisegewahrsams sieht das neue Gesetz eine auf den jeweiligen Bezirk beschränkte Residenzpflicht für Asylbewerber vor, die über ihre Identität getäuscht haben. Zudem wird den Ländern ermöglicht, Asylbewerber bis zu zwei Jahre in Erstaufnahmeeinrichtungen unterzubringen, um möglichst während des Aufenthalts das Asylverfahren zu beenden.

Der AWO missfällt, dass der "Entwurf auf unzulässige Weise aufenthaltsrechtliche Belange mit sicherheits- und ordnungspolitischen Maßnahmen vermengt", erläuterte Vorstandsmitglied Brigitte Döcker. Dabei werde missachtet, dass die allermeisten nach Deutschland Geflüchteten kämen, weil sie Schutz und eine Perspektive suchten. Anstatt das Ausländerrecht immer weiter zu verschärfen, sollte der Fokus darauf gelegt werden, die Qualität der Asylverfahren zu verbessern. Diese seien mit deutlichen Mängeln behaftet, wie jetzt auch eine Innenrevision beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nachgewiesen habe, sagte Döcker.

"Gesetz zerstört Integrationschancen"

Pro Asyl kritisierte, Schutzsuchende drohten durch die Neuregelungen unter die Räder zu geraten. "Dieses Gesetz zerstört Integrationschancen", rügte Geschäftsführer Günter Burkhardt: "Wer zwei Jahre isoliert ist, lernt wohl kaum die deutsche Sprache und findet zudem schwerer Zugang zu Anwälten und Beratungsstellen, die helfen, Fehlentscheidungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vor Gericht zu korrigieren. Wir appellieren an den Bundesrat, Einspruch zu erheben. Das ist ein Integrationsverhinderungsgesetz. So werden Menschen gezielt isoliert und ausgegrenzt."

Caritas-Präsident Peter Neher bezeichnete den Eingriff in die Privatsphäre von Flüchtlingen durch das Auslesen von Handys als unverhältnismäßig. "Es genügt, dass keine Ausweispapiere vorliegen, damit sich die Behörde Zugriff auf sehr private Daten verschaffen kann", sagte Neher. Die Regelung erweise sich als problematisch, da sie zu unbestimmt sei und einen sehr großen Kreis von Flüchtlingen einbeziehe. "Der Gesetzentwurf ist zu einseitig und führt dazu, dass Flüchtlinge zu schnell unter Generalverdacht geraten", rügte der Caritaschef.

Innenminister bleibt hart

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) verteidigte indessen sein Gesetz. Man könne nicht hinnehmen, "dass Asylbewerber weitgehend sanktionslos und nach Belieben verschiedene Namen und Staatsangehörigkeiten angeben, keine brauchbaren Auskünfte geben und darauf hoffen, dass im Falle der Ablehnung des Asylantrags eine Abschiebung an der Beschaffung von Passersatzpapieren scheitert", erklärte er anlässlich der Verabschiedung des Gesetzes, über das der Bundesrat noch befinden muss.

Amnesty International kritisierte vor allem die Ausweitung der Abschiebehaft. Es drohe eine Zweckentfremdung, warnte die Menschenrechtsorganisation. Die Haft dürfe unter keinen Umständen als Präventivhaft genutzt werden, um Menschen aus dem Verkehr zu ziehen, bei denen keine ausreichenden Hinweise für eine polizeiliche Festnahme vorliegen.

Corinna Buschow, Dirk Baas

« Zurück zur vorherigen Seite


Weitere Themen

Verbesserung der Kita-Qualität wird gesetzlich geregelt

Deutsche Kitas müssen besser werden - darin sind sich Bund und Länder einig. Die Familienministerkonferenz beschloss am 19. Mai Eckpunkte für ein Gesetz, dass die Verbesserung der Qualität in Kitas regeln soll. Es sieht auch mehr Fachkräfte vor.

» Hier weiterlesen

Verhandlungen zum Rückkehrrecht in Vollzeit gescheitert

Das von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) eingeforderte Gesetz zur befristeten Teilzeit wird es in dieser Wahlperiode aller Voraussicht nach doch nicht geben. Das sorgt für Kritik bei Gewerkschaften, Opposition und Verbänden.

» Hier weiterlesen

87.000 Leiharbeiter in reguläre Jobs vermittelt

Im Jahr 2016 wurden rund 87.000 Personen von der Bundesagentur für Arbeit (BA) in Leiharbeit vermittelt. Das entspricht einem Anteil von 33 Prozent an allen von der BA in diesem Jahr vermittelten Arbeitssuchenden, teilte die Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion mit, wie der Bundestag am 23. Mai berichtete.

» Hier weiterlesen