sozial-Politik

Umfrage

Fast jede zweite Pflegekraft berichtet von Gewalt im Heim



In Deutschland kommt es häufig zu Gewalt gegen Bewohner von Pflegeheimen. In einer neuen Umfrage nannte fast jede zweite Pflegekraft (47 Prozent) Konflikte, Aggression und Gewalt in Heimen als ein Problem.

Am häufigsten nannten die professionellen Pflegekräfte in der Befragung verbale Übergriffe gegen Bewohner sowie auch deren Vernachlässigung, wie aus der am 14. Juni in Berlin veröffentlichten Studie des Zentrums für Qualität in der Pflege hervorgeht.

Ein brisantes Thema

Der Vorstandsvorsitzende des Forschungsinstituts, Ralf Suhr, sagte, Gewalt in der Pflege sei ein brisantes Thema. "Die Folgen können für Betroffene gravierend sein. Pflegebedürftige, die sich oft schlecht wehren oder nur schwer mitteilen können, sind besonders verletzlich", sagte Suhr. Nach der repräsentativen Befragung des Zentrums für Qualität in der Pflege zeigt sich Gewalt professioneller Pflegekräfte gegen Bewohner in verbalen Übergriffen, körperlicher Gewalt und freiheitsentziehenden Maßnahmen gegen den Willen des Pflegebedürftigen.

Suhr forderte deshalb eine wirksame Gewaltprävention. Er kritisierte zugleich, dass dieser Aspekt bei der Bewertung und Darstellung von Pflegequalität kaum beachtet werde. "Gewaltprävention muss zentraler Punkt der pflegepolitischen Agenda nach der Bundestagswahl sein", sagte Suhr.

46 Prozent der Befragten gaben an, dass es in ihren Heimen kein speziell zur Vorbeugung und für den Umgang mit Aggression und Gewalt geschultes Personal gibt. 28 Prozent berichteten, dass Gewaltvorkommnisse nicht in einem Fehlerberichtssystem angegeben werden können. In jeder fünften Einrichtung ist das Thema nicht ausdrücklich Bestandteil des Qualitätsmanagements.

Fehlende Fehlerkultur

Für besonders wichtig für erfolgreiche Gewaltprävention halten die verantwortlichen Pflegekräfte vor allem eine Fehlerkultur in der Einrichtung, den Einsatz von mehr Pflegepersonal sowie eine bessere fachliche Ausbildung der Pflegekräfte zu den Themen Konflikte, Aggression und Gewalt.

"Viele Einrichtungen leben engagiert vor, dass Gewaltprävention funktioniert. In der Praxis gibt es hierfür gute Ansatzpunkte. Dazu gehöre der Einsatz wirksamer Alternativen zu belastenden und gefährlichen freiheitsentziehenden Maßnahmen, betonte Suhr.

Markus Jantzer

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