Ausgabe 38/2017 - 22.09.2017
Washington (epd). Die neue Kontroverse zwischen Republikanern und Demokraten um eine Reform des Gesundheitswesens kommt etwas unerwartet, denn nach Niederlagen für republikanische Reformpläne im Frühjahr und Sommer schien das Thema zunächst erledigt. Doch mit der Zustimmung von Präsident Donald Trump machten republikanische Senatoren Mitte September erneut einen Vorstoß gegen die Gesundheitsreform des früheren US-Präsidenten Barack Obama, die 20 Millionen US-Amerikanern erstmals den Schutz einer Krankenversicherung brachte. Über einen neuen Reformentwurf der Republikaner soll noch in diesem Monat abgestimmt werden.
Bei dem Thema "steckt noch viel Kampfgeist in der Republikanischen Partei", versicherte Senator Lindsay Graham, einer der Autoren des neuen Entwurfs. Die Beseitigung von "Obamacare" war eines der zentralen Wahlversprechen Trumps. Die Republikaner stoßen sich an der Versicherungspflicht, an staatlichen Subventionen und überhaupt an der "Bevormundung" durch die Regierung.
Mit Grahams Entwurf würden Zuschüsse für Einkommensschwache gestrichen. Statt dessen bekämen die 50 Bundesstaaten die Möglichkeit, ihre eigene Form der Krankenversicherung zu gestalten. Graham will die Versicherungspflicht und Steuern zur Finanzierung des Gesundheitswesens abschaffen. Er hat keine Daten vorgelegt, welche Auswirkung seine Reform auf Versicherte hätte. Bei vorherigen Versionen von "Trumpcare" hätten nach Berechnungen des Haushaltsbüros im Kongress rund 20 Millionen Menschen ihre Versicherung verloren.
Nicht nur die Republikaner bieten Diskussionsstoff. Der parteilose, sozialdemokratisch orientierte Senator Bernie Sanders, 2016 Präsidentschaftsanwärter bei den Demokraten, steuert in die genau entgegengesetzte Richtung: Langfristig müssten die USA eine umfassende staatliche Versicherung für alle Bürger schaffen, fordert Sanders. In seinem Entwurf wird Medicare, die staatliche Versicherung für Senioren, schrittweise auf Jüngere ausgedehnt.
Die USA stünden vor einem "langen und schwierigen Kampf, die internationale Peinlichkeit zu überwinden, das einzige größere Land der Welt" zu sein, in dem medizinische Versorgung kein Recht ist, sagte Sanders. Bereits im Wahlkampf hatte er eine staatliche Versicherung gefordert. Doch seine demokratische Rivalin Hillary Clinton und Parteiprominente zogen nicht mit: Sanders' Plan sei nicht zu bezahlen. Bei seinem neuem Anlauf sieht es für ihn etwas besser aus: Bis jetzt unterstützen ihn 16 demokratische Senatoren.
Etwa 20 Millionen Menschen haben mit der im Jahr 2010 eingeführten Gesundheitsreform "Obamacare" eine Krankenversicherung abgeschlossen. Doch die Republikaner und auch Sanders verweisen auf Probleme. Millionen Versicherte seien in Wirklichkeit unterversichert, betonte Sanders, denn sie könnten sich die Zusatzzahlungen für Arzt- und Arzneimittelkosten nicht immer leisten.
Mit Sanders' Reform müssten die Steuern erhöht werden. In Sanders' Heimatstaat Vermont musste 2014 der damalige demokratische Gouverneur Peter Shumlin seine geplante "Sanders-artige" Krankenversicherung aufgeben. Denn: Vermonter hätten bis zu knapp zehn Prozent ihres Einkommens bezahlt und Unternehmen deutlich höhere Lohnsteuern. Im demokratisch regierten Kalifornien stoppten Politiker erst in diesem Sommer einen Entwurf für eine staatliche Versicherung für alle. Die Finanzierungsfrage sei nicht geklärt worden, schrieb die "Los Angeles Times".
Demokratische Politiker werfen Trump vor, er wolle "Obamacare" untergraben. Die "Washington Post" berichtete am Wochenende, die Regierung plane 40-prozentige Kürzungen bei den Büros, die Bürgern bei der Suche nach Versicherung beistehen. Nach Schätzungen des Haushaltsbüros im Kongress würden Obamacare-Prämien nächstes Jahr um rund 15 Prozent steigen, hauptsächlich wegen der "Ungewissheiten" auf dem Versicherungsmarkt.