Ausgabe 5/2018 - 02.02.2018
Berlin (epd). Nach einer Onlineumfrage bei Fachkräften der Kinder- und Jugendhilfe hat ein Großteil der minderjährigen Flüchtlinge Gewalterfahrungen hinter sich. 57,7 Prozent der Befragten berichteten, dass die Betroffenen Gewalt und Missbrauch sowohl im Heimatland als auch während der Flucht erdulden mussten, teilte der Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (BumF) am 27. Januar in Berlin mit. Deshalb müssten sich Jugendämter, Träger und zuständige Ministerien darauf einstellen, dass der Anteil traumatisierter Minderjähriger weiter ansteigt, auch, weil die Fluchtrouten gefährlicher geworden seien, hieß es.
Insgesamt haben sich im Oktober und November 2017 2.211 Personen an der Onlineumfrage beteiligt. Der Auswertung wurden jedoch nur die Antworten von insgesamt 1.347 Personen zugrunde gelegt, die den Fragebogen vollständig beantwortet haben, so der BumF.
Die Gesamtzahl junger Flüchtlinge in jugendhilferechtlicher Zuständigkeit ist demnach 2017 um rund 9.000 Personen auf 54.962 junge Menschen gesunken (Stand: 8.12.2017). 44 Prozent von ihnen sind junge Volljährige. Der BumF appellierte an Politik, diese jungen Menschen weiterhin zu unterstützen, abrupte Hilfebeendigungen zu vermeiden und Zukunftsperspektiven abzusichern. "Die, in vielen Bundesländern oft als schlecht oder sehr schlecht bewertete Bildungssituation älterer Jugendlicher muss dringend verbessert werden."
Der Fachverband forderte zudem, den Familiennachzug aus dem Ausland und Zusammenführungen innerhalb Deutschlands zu erleichtern. Besonders schlecht bewerteten die Fachkräfte die Verfahren zum Eltern- und Geschwisternachzug. Doch auch bei der Zusammenführung von Minderjährigen mit ihren Angehörigen und Bezugspersonen innerhalb Deutschlands wurde von 44 Prozent angegeben, dass diese (sehr) schlecht funktionieren. Als häufigsten Grund (59,5 Prozent der Befragten) für Abgänge aus Einrichtungen wurde daher genannt, dass Jugendliche sich auf eigene Faust zu Angehörige oder Freunde aufmachen, die an anderen Orten leben. Sie gelten in der Folge vielfach als "vermisst".
Trotz der gesunkenen Einreisezahlen und Verbesserungen gegenüber 2016 sei eine flächendeckend gute Unterbringungs- und Betreuungsqualität noch nicht überall hergestellt worden. "Hier besteht weiterhin Handlungsbedarf, insbesondere im Bereich der (vorläufigen) Inobhutnahme sowie bei den Hilfen für junge Volljährige.", betonte der Verband.