sozial-Politik

Hartz IV

Armutskonferenz: Minister versteht nicht, was Armut bedeutet




Barbara Eschen
Diakonie Berlin-Brandenburg/Nils Bornemann
Die Nationale Armutskonferenz wirft Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vor, nicht zu verstehen, was Armut wirklich bedeutet. Der aktuelle Hartz-IV-Regelsatz sei nicht hoch genug, um Teilhabe zu sichern, hieß es.

Mit den aktuellen Hartz IV-Regelsätzen würden die Menschen vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen, sagte Sprecherin Barbara Eschen dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Mittwoch in Berlin: "Eine alleinerziehende Hartz-IV-Empfängerin hat keine zwei Euro für das Geschenk an den Klassenlehrer übrig." Die Fragen stellte Patricia Averesch.

Mit Blick auf die Diskussion um den vorübergehenden Aufnahmestopp für Ausländer bei der Essener Tafel hatte Spahn erklärt: Hartz IV bedeute nicht Armut, sondern sei die Antwort der Solidargemeinschaft auf Armut. "Damit hat jeder das, was er zum Leben braucht."

Eschen hielt dem entgegen, dass Hartz-IV-Leistungen neben Essen und Wohnen auch die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben garantieren müssten. Andernfalls seien sie nicht mit der vom Grundgesetz garantierten Menschenwürde vereinbar, erläuterte die Direktorin der Diakonie Berlin-Brandenburg.

Eschen fordert 70 bis 100 Euro mehr

Eschen forderte, die Regelsätze um 70 bis 100 Euro pro Monat anzuheben. Parallel dazu müsse auch der Mindestlohn steigen, damit das Lohn-Abstandsgebot eingehalten werde. Das Gebot garantiert, dass Arbeitende mehr Geld zur Verfügung haben als diejenigen, die Hilfe vom Staat beziehen. "Wenn der Mindestlohn stimmt, braucht man nicht den Hartz IV-Regelsatz drücken", betonte Eschen.

Alleinstehenden Hartz IV-Empfängern stehen 416 Euro pro Monat zu. Kinder erhalten je nach Alter 240 bis 316 Euro. Die Kosten für die Miete übernimmt im Regelfall der Staat. Zusätzlich erhalten Kinder zu Beginn eines Schuljahres 100 Euro und monatlich zehn Euro für etwa die Mitgliedschaft in einem Sportverein. Aber schon für die Fußballschuhe fehle das Geld, betonte Eschen.

Eschen widerspricht damit Spahns Aussage, dass niemand in Deutschland hungern müsste, wenn es die Tafeln nicht gäbe. Tafeln trügen inzwischen sehr wohl zur Grundversorgung armer Menschen bei, sagt Eschen.


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