Ausgabe 15/2018 - 13.04.2018
Düsseldorf (epd). Der Bund sieht bei möglichen Hilfen für Helfer und Angehörige, die für syrische Kriegsflüchtlinge gebürgt haben, die Bundesländer in der Verantwortung. "Der Bund sieht sich nicht in der Pflicht, Länderprogramme zu finanzieren", sagte Ulrike Hornung vom Bundesinnenministerium am 11. April in einer Sachverständigenanhörung im NRW-Landtag in Düsseldorf. Es stehe den Ländern angesichts der hohen Rückforderungszahlungen an die Bürgen jedoch frei, die Kosten für die Zeit nach der Anerkennung des Schutzstatus aus dem eigenen Haushalt zu erstatten.
Nicht nur in NRW haben viele Privatpersonen Verpflichtungserklärungen für den Unterhalt Tausender Syrer unterschrieben. Auch in Hessen und Niedersachsen tobt der Streit über die Bürgschaften - und beschäftigt längst die Gerichte.
Die sogenannten Flüchtlingsbürgen, die 2014 und 2015 die Verpflichtungserklärungen abschlossen, erhalten zunehmend Zahlungsaufforderungen von Jobcentern und Sozialämtern. Dabei geht es um Summen bis zu 20.000 Euro je Einzelfall. Die Bürgen waren jedoch davon ausgegangen, dass sie nur so lange für den Flüchtling zahlen müssen, bis sein Asylverfahren positiv beschieden ist.
Diese Sichtweise wurde von den Ländern Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Hessen geschützt: Auch sie waren davon ausgegangen, dass die Verpflichtungen der Bürgen, die im Rahmen der Aufnahmeprogramme der Länder abgegeben wurden, nur bis zur Zuerkennung des Flüchtlingsstatus für die Syrer befristet sind. Aus Sicht der Bundesregierung galten die Erklärungen aber auch danach fort. Erst das Integrationsgesetz bestimmte 2016 eine Fünf-Jahres-Frist, die für "Altfälle" auf drei Jahre reduziert wurde.
Ob die Bürgen von den Ämtern vor Ort auf die abweichende Meinung des Bundes und das damit verbundene Risiko hingewiesen wurden, ist umstritten. Hornung betonte, dass das Bundesinnenministerium zu keinem Zeitpunkt einen Zweifel daran gelassen habe, dass die Verpflichtungserklärung auch nach dem Asylverfahren weiterhin gilt. Wie viele solcher Bürgschaften bundesweit unterschrieben wurden, ist nicht bekannt. Rund 23.000 syrische Flüchtlinge sind nach Angaben des Bundesinnenministeriums allein über die Länderprogramme eingereist, 2.000 davon laut Landessozialministerium nach NRW.
Um die Bürgen schnell und unbürokratisch zu entlasten, fordert die Grünen-Fraktion in NRW einen Hilfsfonds in Höhe von fünf Millionen Euro. Die Evangelische Kirche von Westfalen befürwortet eine solche Hilfe als Übergangslösung, wie der westfälische Landeskirchenrat Thomas Heinrich im Landtag betonte. Er sagte, Nordrhein-Westfalen solle an "seine frühere Rechtsbetrachtung zugunsten seiner engagierten Bürger anknüpfen". Indes appellierte er an die Bundesregierung, "eine Lösung zu finden, die die Bürginnen und Bürgen von unverhältnismäßigen Zahlungsverpflichtungen freistellt".
Der Landeskirchenrat warf dem Staat "eine deutliche Teilprivatisierung einer staatlichen Aufgabe" vor. Der Bund gewähre den Flüchtlingen so zwar einen Schutz, verlagere die Kosten für Unterkunft und Verpflegung aber auf eine Privatperson, erläuterte er. Auch Gemeinden der westfälischen Kirche hatten laut Heinrich als Körperschaften öffentlichen Rechts für syrische Flüchtlinge gebürgt.
In der Praxis prüft das Jobcenter Dortmund derzeit die Zahlungsaufforderungen an die Bürgen im Einzelfall, sagte Geschäftsführer Frank Neukirchen-Füsers. Da die Rechtsauffassungen über die Dauer der Bürgschaft zu dem Zeitpunkt der Unterzeichnung mehrdeutig gewesen seien, würdige das Jobcenter die Umstände, unter denen die Verpflichtungserklärungen abgegeben wurden, erläuterte er. Eine Prüfung kann laut Neukirchen-Füsers dazu führen, dass die Rückzahlungsaufforderungen an die Bürgen eingestellt werden.