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Abtreibung

Bundestag beschließt Kompromiss zu 219a




Demonstration für die Abschaffung des Paragrafen 219a im Dezember in Giessen
epd-bild/Michael Schick
Mehr als ein Jahr war das Werbeverbot für Abtreibungen ein Zankapfel in der großen Koalition. Sogar ein Bruch der Bundesregierung stand zwischenzeitlich im Raum. Am 21. Februar billigte der Bundestag den hart errungenen Kompromiss.

Die große Koalition hat ihren lange umstrittenen Kompromiss zum Werbeverbot für Abtreibungen durch den Bundestag gebracht. Eine Mehrheit von 371 Abgeordneten stimmte für eine Lockerung des Paragrafen 219a im Strafgesetzbuch. Ärzten ist es demnach künftig erlaubt, darüber zu informieren, dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. Für weitere Informationen, etwa über Methoden, müssen sie aber an dafür befugte Stellen verweisen.

Die Opposition lehnte den Kompromiss ab. Linke, Grüne und FDP wollten den Paragrafen ganz abschaffen. Der AfD geht dagegen die Lockerung zu weit.

Insgesamt gab es 277 Stimmen gegen den Gesetzentwurf von Union und SPD. Gegenstimmen dürfte es auch aus der SPD gegeben haben. Die Sozialdemokraten hatten ursprünglich auch eine Abschaffung des umstrittenen Paragrafen verlangt, einen entsprechenden Antrag aber aus Rücksicht auf die Koalition mit der Union zurückgezogen.

SPD-Frauen rangen mit sich

Viele Frauen in der SPD-Fraktion taten sich mit dem Kompromiss schwer. Die Abgeordnete Ulla Schmidt (SPD) verteidigte ihn. Er sei ein Fortschritt für Frauen und Ärzte, sagte sie im Bundestag. "Das ist nicht das, was wir uns gewünscht haben", sagte der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach. Dennoch verteidigte auch er den Kompromiss. 652 von 709 Bundestagsabgeordneten gaben ihre Stimme ab, 4 Parlamentarier enthielten sich.

Ausgehandelt worden war der Kompromiss von fünf Bundesministern, fachlich zuständig oder als Vertretung ihrer Parteien: Katharina Barley, Franziska Giffey (beide SPD), Jens Spahn, Helge Braun (beide CDU) und Horst Seehofer (CSU). Bis auf Seehofer verfolgte die Gruppe die Debatte am Donnerstag im Bundestag. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stimmte im gut gefüllten Plenum mit ab.

Der beschlossene Gesetzentwurf sieht Änderungen am Paragrafen 219a sowie am Schwangerschaftskonfliktgesetz vor. Neben der Lockerung, die Ärzten bei ihrer Information an Patientinnen Rechtssicherheit geben soll, regelt die Änderung auch, dass es künftig verlässliche Informationen im Internet geben soll. Die Bundesärztekammer soll Listen mit Ärzten und jeweils gewählten Abtreibungsmethoden führen und veröffentlichen.

Grüne: Strafen drohen auch weiterhin

FDP, Grüne und Linke kritisieren, dass Ärzte auf diese Informationen verweisen, sie aber nicht selbst veröffentlichen dürfen. Alle bislang wegen des Paragrafen 219a verurteilten Ärztinnen müssten weiter mit Strafverfolgung rechnen, sagte die Grünen-Politikerin Katja Keul. Die Linken-Abgeordnete Cornelia Möhring prognostizierte, die Debatte um das Werbeverbot für Abtreibungen sei mit diesem Kompromiss noch nicht beendet.

Der Paragraf 219a verbietet die Werbung für Schwangerschaftsabbrüche aus wirtschaftlichen Interessen oder in "grob anstößiger Weise". In der Vergangenheit führte das auch zu einer Verurteilung von Ärzten, die aus ihrer Sicht rein sachlich über Abtreibungen informiert haben.

Die Gießener Ärztin Kristina Hänel, die auf Grundlage des Paragrafen 219a zu einer Geldstrafe verurteilt worden war, äußerte sich nicht zufrieden mit der Gesetzesänderung. Sie hat angekündigt, wegen des Paragrafen vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. Im Gespräch mit dem epd bekräftigte sie vor der Entscheidung des Bundestags: "Wenn die Abstimmung so ausgeht wie erwartet, dann beeinflusst das ja meinen Gang zum Bundesverfassungsgericht nicht."

Corinna Buschow


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Stichwort: Der Koalitions-Kompromiss zum Paragrafen 219a

Der Strafrechtsparagraf 219a verbietet die Werbung für Abtreibungen aus wirtschaftlichem Eigeninteresse oder "in grob anstößiger Weise". Das öffentliche Anbieten "eigener oder fremder Dienste" zum Schwangerschaftsabbruch sowie Hinweise auf Abtreibungsmethoden werden mit bis zu zwei Jahren Haft oder einer Geldstrafe geahndet.

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