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Bundesregierung

Sozialministerium will Leistungen für Asylbewerber kürzen



Das Bundesarbeitsministerium plant eine Kürzung der Leistungen für Asylbewerber. Das sieht eine Reform des Asylbewerberleistungsgesetzes vor. Für Kinder im Schulalter soll es jedoch mehr Geld geben. Kritik kommt von der Opposition.

Wie am 27. März aus dem Ressort von Minister Hubertus Heil (SPD) verlautete, sollen die monatlichen Zuwendungen für alleinstehende Asylbewerber künftig 344 Euro betragen, zehn Euro weniger als aktuell. Für Kinder im Schulalter sollen die Leistungen im Zuge der geplanten Reform des Asylbewerberleistungsgesetzes dagegen steigen. Zudem soll ein Ehrenamts-Freibetrag eingeführt werden. Linke und Grüne und der Paritätische lehnten das Vorhaben ab.

Flüchtlinge, die Asylbewerberleistungen beziehen und sich ehrenamtlich engagieren, könnten bis zu 200 Euro der sogenannten Ehrenamtspauschale behalten, die es in vielen Vereinen für freiwilliges Engagement gibt, so das Ministerium. "Dies unterstützt die Integration", sagte der Staatssekretär im Bundessozialministerium, Rolf Schmachtenberg, in Berlin. Er bestätigte, dass die Reform der Asylbewerberleistungen geplant ist.

Die neuen Leistungen sollen nach Plänen des Ministeriums von kommendem Jahr an gelten. Seit dem 26. März ist der Entwurf demnach in der Abstimmung innerhalb der Bundesregierung.

Unter dem Strich kommt es meist zu einer Kürzung

Die Reform sieht vor, dass die Leistungen für den "notwendigen Bedarf" an Lebensmitteln und Kleidung sinken und die für den "notwendigen persönlichen Bedarf" etwa an Hygieneartikeln etwas steigen. In der Summe bleibt für meisten Gruppen eine Kürzung: Paare oder in Sammelunterkünften untergebrachte Asylbewerber sollen künftig pro Person 310 Euro bekommen. Derzeit sind es 318 Euro.

Für jüngere Kinder und Jugendliche ab 13 Jahren bleibt der Leistungssatz den Plänen zufolge auf dem aktuellen Niveau. Für Kinder zwischen sechs und 13 Jahren sollen die monatlichen Leistungen von aktuell 242 auf 268 Euro steigen. Nach Angaben Schmachtenbergs ist die Reform für den Staatshaushalt kostenneutral.

Ende 2017 bezogen nach Angaben des Statistischen Bundesamts 469.000 Menschen Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Dies war ein Rückgang von fast 36 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Auch danach ist die Zahl der nach Deutschland kommenden Flüchtlinge weiter gesunken.

Die Leistungen liegen unter dem Niveau der Grundsicherung in Deutschland und werden für Asylbewerber für die ersten 15 Monate in Deutschland gezahlt. Letztmalig wurden die Sätze 2015 angehoben, nachdem das Bundesverfassungsgericht geurteilt hatte, dass alle in Deutschland lebenden Menschen ein menschenwürdiges Existenzminimum bekommen müssen.

Bundesrat stimmte 2016 gegen Reform

2016 wollte die Bundesregierung die Leistungen schon einmal kürzen. Das vom Bundestag beschlossene Gesetz, das eine Senkung auf 332 Euro für erwachsene Alleinstehende vorsah, scheiterte aber im Bundesrat. Auch im Vermittlungsausschuss wurde kein Kompromiss zwischen Bund und Ländern erzielt. Die Pläne verfielen mit dem Ablauf der Wahlperiode im Herbst 2017.

Die jetzt geplante Reform ist damit der zweite Versuch für eine Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes. Schmachtenberg zufolge soll der Entwurf aus dem Ministerium noch vor Ostern im Bundeskabinett beraten werden.

Die Reform sieht auch vor, dass für Flüchtlinge in Ausbildung oder Arbeit staatliche Unterstützung gesichert ist. Derzeit fielen sie oft in eine sogenannte Förderlücke", wenn die Bezugsdauer der Asylbewerberleistungen endet, sie aber gleichzeitig keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung wie Bafög haben, hieß es aus dem Sozialministerium.

Die Linken-Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke bezeichnete die Kürzungspläne der Regierung "zynisch" und "realitätsfremd". "Asylbewerber, die in Sammellager gezwungen werden, sollen mit ihnen vollkommen fremden Menschen eine Bedarfsgemeinschaft bilden", sagte sie. Auch die Grünen-Politikerin Filiz Polat kritisierte die Pläne. Durch die Hintertür versuche die Bundesregierung, die Versorgung Asylsuchender "immer weiter auszuhöhlen", sagte sie.

Paritätischer rügt Nullsummenspiel

Der Paritätische Wohlfahrtsverband ging ebenfalls auf Distanz zu dem Gesetzentwurf. Statt die Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums endlich an den tatsächlichen Bedarf und die aktuelle Preisentwicklung anzupassen, würden durch statistische Tricks die Beträge künstlich klein gerechnet, kritisierte der Verband. Die Pläne der Bundesregierung seien verfassungsrechtlich mindestens fragwürdig. Der Verband fordert die politische Anerkennung eines einheitlichen Existenzminimums für alle in Deutschland lebenden Menschen.

"Die geplante Neuregelung kommt einer Mogelpackung gleich. Vordergründig ist es eine Erhöhung, bei gründlichem Nachrechnen stellt sich heraus, dass sehr viele Flüchtlinge künftig nicht mehr oder sogar weniger haben werden als jetzt", sagte Ulrich Schneider, der Hauptgeschäftsführer des Verbandes. Zwar würden die Regelsätze generell erhöht, doch werde vielen Asylbewerbern die höchste Regelsatzstufe künftig mit Verweis auf mögliche Einsparpotenziale in Sammelunterkünften vorenthalten: "Unter dem Strich ist es für den Einzelnen in vielen Fällen bestenfalls ein Nullsummenspiel."

Corinna Buschow