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Kassenreport: Pflegekräfte sind besonders häufig krank




Pflege ist oft Schwerstarbeit, die den Körper sehr belastet.
epd-bild/Jürgen Blume
Pflege geht auf die Psyche und den Rücken. Die Zahlen, die die Techniker Krankenkasse präsentiert, zeigen deutlich, dass Pflegekräfte überdurchschnittlich oft und länger krank sind als andere Berufstätige.

Pflege geht auf die Gesundheit: Pflegekräfte sind häufiger und länger krank als andere Berufsgruppen. Das geht aus dem Gesundheitsreport 2019 der Techniker Krankenkasse (TK) hervor, der am 26. Juni in Berlin vorgestellt wurde. Am häufigsten treten Rückenprobleme und psychische Störungen auf. Pflegekräften werden auch mehr Medikamente verschrieben als dem Durchschnitt aller Beschäftigten. Der Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe sieht die Politik in der Pflicht.

Der Vorstandsvorsitzende der Techniker Krankenkasse (TK), Jens Baas, bezeichnete die Ergebnisse als alarmierend. Pflegeberufe müssten attraktiver werden. "Dafür ist ein gesunder Berufsalltag der Schlüsselfaktor, sagte er.

Dem TK-Report zufolge fallen Alten- und Krankenpflegekräfte im Schnitt jährlich für 23 Tage aus. Das sind acht Tage oder gut 50 Prozent mehr, als der Durchschnitt aller Beschäftigten im Jahr krankgeschrieben ist. Insgesamt liegt der Krankenstand in der Altenpflege bei knapp sieben Prozent, in der Krankenpflege bei sechs Prozent - deutlich über dem Durchschnitt aller Berufstätigen (vier Prozent).

Wenn der Rücken streikt

Die Belastungen in den Pflegeberufen gehen besonders auf die Psyche und den Rücken. Während Beschäftigte im Durchschnitt im vergangenen Jahr wegen psychischer Störungen knapp 2,5 Tage fehlten, waren es bei den Pflegekräften 4,6 Tage. Bei den Muskel- und Skeletterkrankungen waren es allgemein 2,6 Tage, in der Pflege hingegen durchschnittlich 4,8 Tage.

Drückt man die Unterschiede in Prozentzahlen aus, sind sie noch deutlicher: In den Pflegeberufen gibt es 87 Prozent mehr Fehltage wegen psychischer Leiden und 83 Prozent mehr wegen Erkrankungen des Bewegungsapparats als im Durchschnitt.

Die Belastungen in der Pflege wirken sich bei Frauen und Männern unterschiedlich auf die Zahl der Fehltage aus. Kranken- und Altenpfleger sind mehr als doppelt so häufig wegen psychischer Störungen krankgeschrieben wie Männer in anderen Berufen. Weibliche Pflegekräfte fehlen im Vergleich zu Frauen in anderen Berufen doppelt so häufig wegen Rückenschmerzen oder anderer Erkrankungen des Bewegungsapparats.

Überdurchschnittlicher Konsum von Medikamenten

Auch werden Pflegekräften besonders viele Arzneimittel verschrieben. So erhalten Altenpflegekräfte dem TK-Report zufolge pro Kopf 28 Prozent mehr Medikamente als der Durchschnitt der Berufstätigen. Krankenpflegekräfte erhalten im Schnitt 14 Prozent mehr als der Schnitt. Männliche Pfleger erhalten fast doppelt so viele Antidepressiva wie berufstätige Männer insgesamt. Frauen in Pflegeberufen wurden im vergangenen Jahr 32 Prozent mehr Antidepressiva pro Kopf verschrieben als dem Durchschnitt berufstätiger Frauen.

"Es kann nicht sein, dass das berufliche Umfeld die Menschen in Pflegeberufen oftmals so fordert, dass es krank macht", beklagte TK-Chef Baas. Er forderte mehr betriebliche Gesundheitsförderung. "Das reicht von der Schichtplangestaltung, über optimierte Kommunikationsprozesse bis hin zu Angeboten zur Stressreduzierung und Entspannung. Baas sieht aber auch "große Chancen in der Digitalisierung". So könne etwa eine elektronische Patientenakte die Abläufe in den Einrichtungen so erleichtern, dass die Pflegekräfte Zeit gewinnen.

Für ihren diesjährigen Gesundheitsreport mit dem Titel "Pflegefall Pflegebranche? So geht's Deutschlands Pflegekräften" wertete die TK die Krankschreibungen und Arzneimittelverordnungen der rund 5,2 Millionen bei der Krankenkasse versicherten Erwerbspersonen aus.

Fachverband fordert Bettenabbau

"Dieser Report reiht sich ein in die Reihe vorangegangener mit ähnlichen Ergebnissen", stellte Johanna Knüppel, Sprecherin des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe (DBfK), in Berlin fest. "Wir brauchen wirklich nicht noch mehr Erkenntnisse darüber, was die seit langem anhaltende Überlastung mit den Menschen in den Pflegeberufen macht." Echte und nachhaltige Gesundheitsförderung für beruflich Pflegende müsse zuallererst ein Gleichgewicht herstellen zwischen Arbeitsaufkommen und verfügbarer Pflegefachpersonalkapazität.

"Die Stilllegung von Klinikbetten oder Bewohnerplätzen mag unpopulär sein, ist aber vor allem eine Maßnahme zum Schutz von pflegebedürftigen Menschen und der Personen, die sie betreuen", sagte Knüppel. Erst auf dieser Grundlage hätten dann auch Fördermittel für Prävention eine echte Chance, die gewünschten Effekte zu erzielen.

Bettina Markmeyer, Markus Jantzer