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Frauen

An jedem dritten Tag stirbt eine Frau durch Partnergewalt




Aktion zum "Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen" am 25. November
epd-bild/Jürgen Blume
Es ist ein großes Tabu - kommt aber ständig vor: Jeden Tag werden Dutzende Frauen Opfer von Gewalt. Oft werden sie von ihrem Partner verletzt. Familienministerin Giffey verspricht mehr Einsatz für den Ausbau von Frauenhäusern.

Mehr als einmal pro Stunde wird in Deutschland statistisch gesehen eine Frau durch ihren Partner gefährlich verletzt. Das geht aus der "Kriminalstatistischen Auswertung zu Partnerschaftsgewalt 2018" des Bundeskriminalamtes hervor, wie Bundesfrauenministerin Franziska Giffey (SPD) zum "Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen" am 25. November in Berlin sagte. Demnach wurden im vergangenen Jahr insgesamt 140.755 Menschen Opfer versuchter und vollendeter Gewalt. Ein Jahr zuvor waren es noch 138.893 Fälle. Mehr als 81 Prozent der Betroffenen waren laut Statistik Frauen.

Übergriffe, Bedrohung, Stalking

Erhoben wurden Mord und Totschlag, Körperverletzung, Vergewaltigung, sexuelle Nötigung, sexuelle Übergriffe, Bedrohung, Stalking, Nötigung, Freiheitsberaubung, Zuhälterei und Zwangsprostitution. Die Ministerin nannte die Zahlen "sehr alarmierend" und verwies darauf, dass hier nur von einem "Hellfeld" gesprochen werde. Sie gehe davon aus, dass das Dunkelfeld weitaus größer sei. Denn nicht alle Taten würden zur Anzeige gebracht.

Insgesamt ist den Angaben zufolge jede dritte Frau mindestens einmal im Leben von Gewalt betroffen. 122 Frauen wurden 2018 laut Statistik durch Partnerschaftsgewalt getötet - damit an jedem dritten Tag eine. 2017 waren es 147.

Gewalt gegen Frauen komme in allen sozialen Schichten und Altersgruppen und in allen ethnischen Gruppen vor, betonte Giffey. Deshalb starte sie die bundesweite Initiative "Stärker als Gewalt" mit dem Ziel, betroffene Frauen und Männer zu ermutigen, sich Unterstützung zu holen, und die Hilfsangebote besser bekanntzumachen.

Es fehlen 13.000 Plätze

Mit dem Förderprogramm "Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen" will die Ministerin in den kommenden vier Jahren ab 2020 insgesamt 120 Millionen Euro zusätzlich für den Ausbau von Beratungsstellen und Frauenhäusern bereitstellen. Derzeit gebe es in Frauenhäusern knapp 7.000 Plätze, nötig seien 20.000. Zuständig sind aber die Länder und Kommunen.

Derweil mehren sich Forderungen nach einem Rechtsanspruch aller von Gewalt betroffenen Frauen auf Schutz. Die Grünen-Fraktion im Bundestag sprach sich für einen Anspruch auf "Geldleistung für den Zweck des Aufenthalts in einem Frauenhaus oder einer vergleichbaren Schutzeinrichtung" aus.

Auch die Frauenrechtskommission UN Women und Schauspielerin Carolin Kebekus mahnen mehr Einsatz für das Recht von Frauen und Kindern auf Schutz vor Gewalt an. Zum Start einer Online-Petition verlangten sie von der Bundesregierung, Frauen und Kindern per Bundesgesetz einen Anspruch auf einen Platz im Frauenhaus zu gewährleisten. "Sieben Frauen werden täglich von ihrem Partner vergewaltigt oder sexuell genötigt. Und zwar in Deutschland", sagte die Schauspielerin und Komikerin Kebekus. UN Women Deutschland kritisierte, Gewalt gegen Frauen sei nach wie vor ein Problem, obwohl die Bundesregierung mit der Istanbul-Konvention im Oktober 2017 ein rechtlich bindendes Instrument zum Schutz von Frauen vor Gewalt ratifiziert habe.

Der Verein Frauenhauskoordinierung forderte darüber hinaus ein striktes Verbot des Umgangs gewalttätiger Väter mit ihren Kindern. Die Rechtsprechung bewerte das Umgangsrecht des Vaters meist noch immer höher als den Gewaltschutz der Mutter, beklagte die Organisation: "Das ist hochgefährlich für betroffene Frauen und für ihre Kinder."

Terre des Femmes fordert Sexkaufverbot

Die Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes hat am 25. November gegen Prostitution demonstriert. Prostitution sei eine legalisierte Form der Gewalt an Frauen. Die Nachfrage nach käuflichem Sex müsse deshalb durch ein Sexkaufverbot eingedämmt werden, forderte Terre des Femmes.

Es sei erschreckend, dass es in Deutschland Männern erlaubt sei, "sich den Körper einer Frau zu erkaufen", kritisierte die Frauenrechtsorganisation. Damit toleriere die Politik ganz offiziell Gewalt an Frauen und signalisiere Jungen und Männern, "dass man über eine Frau sexuell verfügen darf, wenn man dafür bezahlt".

Deutschland solle das schwedische Modell gegen Prostitution übernehmen, forderte Terre des Femmes. Damit könne zugleich eine Entkriminalisierung der Prostituierten, eine Kriminalisierung der Sexkäufer sowie die Finanzierung von Ausstiegsprogrammen für Prostituierte erreicht werden.

Mey Dudin


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Rund 32.800 Prostituierte in Deutschland offiziell angemeldet

Rund 32.800 Prostituierte waren Ende 2018 bei den Behörden in Deutschland angemeldet. Wie das Statistische Bundesamt am 26. November in Wiesbaden mitteilte, hatte knapp ein Fünftel der angemeldeten Prostituierten (6.200) die deutsche Staatsangehörigkeit. 35 Prozent aller angemeldeten Prostituierten (11.400) kamen aus Rumänien, zehn Prozent (3.200) aus Bulgarien und sieben Prozent (2.400) aus Ungarn. Der Stuttgarter Verein "Sisters - für den Ausstieg aus der Prostitution" wies darauf hin, dass diese Daten keine Rückschlüsse auf die tatsächliche Zahl der Prostituierten zuließen.

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