sozial-Politik

Statistik

Medizinische Gutachter weisen 3.700 Behandlungsfehler nach



Jedes Jahr stellen die Prüfer der Krankenkassen eine Statistik über Behandlungsfehler in Krankenhäusern und Arztpraxen vor und beziffern die nachgewiesenen Fehler. Um ein vollständiges Bild zu erhalten, fehlen in Deutschland aber die Datengrundlagen.

Bei der Vorstellung der Statistik über ärztliche Kunstfehler wurde auch in diesem Jahr die Unzufriedenheit über die mangelhafte Datenlage deutlich. Das Aktionsbündnis Patientensicherheit kritisierte am 25. Juni in Berlin, sogar zu den vermeidbaren Behandlungsfehlern mit schweren Folgen für die Patienten, den sogenannten Never Events, gebe es in Deutschland keine Zahlen. Dazu zählen etwa Seitenverwechslungen bei Operationen.

In dem Bündnis haben sich zahlreiche Akteure des Gesundheitswesens, darunter Patientenorganisationen, Kliniken, Fachgesellschaften und Krankenkassen zusammengeschlossen. Es setzt sich unter anderem dafür ein, dass Fehler transparent gemacht werden, um aus ihnen zu lernen und entwickelt dafür Handlungsempfehlungen. Die Vorsitzende Ruth Hecker saß mit am Tisch, als der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) und des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS) ihre aktuelle Behandlungsfehler-Statistik für das Jahr 2019 vorstellten.

Knapp 3.700 Fehler bestätigt

Danach haben die Prüfer vom MDK rund 14.500 ärztliche Gutachten zu vermuteten Behandlungsfehlern erstellt. In jedem vierten Fall (3.688) wurde ein Fehler bestätigt. In jedem fünften Fall stellten sie fest, dass sich der Schaden beim Patienten tatsächlich auch auf den Behandlungsfehler zurückführen ließ (2.953). Die Anzahl der Gutachten sei im Vergleich zu 2018 leicht gestiegen, teilte der MDK mit.

Die Vorwürfe, es liege ein Behandlungsfehler vor, verteilen sich den Angaben nach zu etwa einem Drittel auf die ambulante Versorgung und zu zwei Dritteln auf das Krankenhaus. In beiden Bereichen werden aber etwa gleich viele Fehler festgestellt. Offensichtlich sehen Patienten im Krankenhaus genauer hin als in der Arztpraxis.

Orthopädie und Chirurgie im Fokus

Wie in den Vorjahren bezogen sich die meisten Vorwürfe auf Behandlungen in der Orthopädie, der Unfallchirurgie und der Allgemeinchirurgie. Man könne daraus aber nicht schließen, dass in diesen Abteilungen die meisten Fehler passierten, erklärte der stellvertretende MDS-Geschäftsführer, Stefan Gronemeyer. Sie fielen den Patienten hier nur am ehesten auf.

Er wies zudem darauf hin, dass die Statistiken des Medizinischen Dienstes immer nur einen Teil des Geschehens erfassten, ob in den Klinken oder den Arztpraxen. Aus Studien sei bekannt, dass dass die tatsächliche Anzahl vermeidbarer Schäden durch Behandlungsfehler wesentlich höher liegt, als es unsere Zahlen vermuten lassen", sagte er.

Stiftung: Regierung tut zu wenig

Die Stiftung Patientenschutz warf der Bundesregierung vor, seit Jahren nichts zu unternehmen, um falsch behandelte Patienten zu unterstützen. Vorstand Eugen Brysch, kritisierte: "Bei den Behandlungsfehlern läuft es weiterhin schief". Daten würden nicht zentral gesammelt. Gerichte, Ärzte und Medizinischer Dienst arbeiteten nebeneinander her. Auch gebe es immer noch keinen Härtefallfonds: "Die Versprechungen im Koalitionsvertrag werden von der SPD und der Union nicht erfüllt", bemängelte Brysch.

Die Grünen forderten eine zentrale Erfassung der "Never Events". Außerdem müsse endlich ein Härtefallfonds eingerichtet werden. Gerade in schweren Fällen sei schnelle und unbürokratische Hilfe nötig, erklärte die gesundheitspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, Maria Klein-Schmeinck.