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Behinderung

Bundesrat berät über Assistenzen für behinderte Menschen in Kliniken




Experten werben dafür, dass behinderte Menschen im Krankenhaus von Assistenzen begleitet werden können.
epd-bild/Werner Krüper
Experten fordern seit Jahren die Kostenübernahme für Assistenzen von behinderten Menschen, die ins Krankenhaus müssen. Jetzt kommt Bewegung in das Anliegen, denn der Bundesrat berät in seinen Ausschüssen über die Kostenübernahme seitens der Krankenkassen.

Menschen mit Behinderungen sollen künftig bei Behandlungen in Krankenhäusern einen kassenfinanzierten Anspruch auf Assistenzen bekommen. Dieser Ziel verfolgt Bremen, das dazu einen Antrag in den Bundesrat eingebracht hat. Der wurde am 6. November an die Ausschüsse für Gesundheit sowie Arbeit, Integration, Sozialpolitik überwiesen. Eine Endscheidung wurde noch nicht getroffen, weil Bremen hat keine Sofortabstimmung beantragt hat. Corinna Rüffer, Sprecherin für Behindertenpolitik der Grünen, sagte, der Antrag sei sehr zu begrüßen: "Damit kommt hoffentlich Dynamik in diese Debatte."

Der Bundestag hatte bereits im Frühsommer eine Petition mit einstimmigem Votum "zur Berücksichtigung" an die Bundesregierung überwiesen und das Anliegen damit unterstützt. Gefordert wird eine Klarstellung, dass und von wem bei einem Krankenhausaufenthalt von Menschen mit Behinderungen die Kosten für die begleitende Assistenzperson übernommen werden müssen.

Es sei unrealistisch, den Bedarf einer Assistenzleistung unter Berufung auf den Nachranggrundsatz durch die Krankenhäuser decken zu lassen, befand der Petitionsausschuss. Der Bedarf für die Teilhabeleistung Assistenz ende weder an der Krankenhaustür, noch wandle er sich dort in einen medizinischen oder pflegerischen Bedarf um. Die Weitergewährung von Assistenzleistungen bei einem Krankenhausaufenthalt müsse daher in der Bewilligungspraxis der Leistungsträger verlässlich verankert werden, "sei es durch eine entsprechende Auslegung des derzeitigen Leistungskatalogs oder aber durch eine ausdrückliche Ergänzung desselben".

Grüne: Es geht in Ministerien nicht voran

"Doch die Umsetzung dieses Beschlusses dümpelt vor sich hin, weil Bundesgesundheits- und Bundessozialministerium die Verantwortung hin und her schieben", rügte Rüffer. Dabei sei das Problem seit vielen Jahren bekannt. Auch der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung und Behindertenverbände drängten auf eine Lösung im Sinne der Menschen mit Behinderungen.

Rüffer verwies auf die Corona-Pandemie, die erneut deutlich gemacht habe, wie dringend der Handlungsbedarf ist. "Es muss gewährleistet sein, dass behinderte Menschen bei einem Klinik- oder Rehaaufenthalt ihre persönliche Assistenz oder eine vertraute Bezugsperson mitnehmen können." Deshalb sei es nötig, die Finanzierung dafür für alle verlässlich und eindeutig zu regeln.

Behinderte Menschen brauchen ihre Assistenzen, um die klinische Behandlung zum Erfolg zu führen. Denn eine vertraute Assistenzperson ist oft nötig, um etwa mit dem Krankenhauspersonal zu kommunizieren oder den Betroffenen emotional zu stabilisieren und Sicherheit zu vermitteln. Oftmals wird seitens der Kliniken eine Begleitung sogar zur Voraussetzung für eine stationäre Aufnahme gemacht.

Eindeutige Regelung fehlt

Die Finanzierung der Assistenz im Krankenhaus ist jedoch nicht eindeutig geregelt. Menschen mit Behinderungen, die ihre Assistenz daheim im Arbeitgeber/innenmodell organisieren, bekommen die Kosten auch bei Krankenhausaufenthalten erstattet. Bei allen anderen ist unklar, ob Krankenkassen oder die Eingliederungshilfe die Kosten übernehmen. Prüfer: "Das ist absurd und gefährlich." Zusätzliches Problem: Menschen mit geistiger Behinderung ist es häufig nicht möglich, als Arbeitgeber ihre Pflege selbst zu organisieren.

Die Lebenshilfe befasst sich schon seit Jahren mit diesem Thema und hatte im Februar gemeinsam mit den anderen Fachverbänden für Menschen mit Behinderung einen Fachtag dazu organisiert. Sie verweist darauf, dass ein gesetzlicher Anspruch auf Begleitung derzeit nur bei medizinischer Notwendigkeit besteht. Das ist geregelt in § 11 Absatz 3 Sozialgesetzbuch (SGB) V. Ob das der Fall ist, bestätigen die Krankenhausärzte gegebenenfalls auf Anregung der Hausärzte. Dann würden in diesem Zusammenhang die Kosten der Unterkunft und Verpflegung für die Begleitperson übernommen. Die Vereinbarung zwischen der Deutschen Krankenhausgesellschaft und den Krankenkassen sieht hierfür eine Pauschale von 45 Euro pro Tag vor.

Die Lebenshilfe Bayern hat das Thema der Assistenz im Krankenhaus auch in einer Petition an den Bayerischen Landtag aufgegriffen. "Es ist wirklich erschreckend und besorgniserregend, was uns Eltern und Angehörige über Krankenhaus-Aufenthalte berichten", erklärte Barbara Stamm. Sie sieht dringend Handlungsbedarf, denn die meisten Krankenhäuser seien nicht oder kaum auf die stationäre Behandlung von Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung eingestellt. Darum sei allein schon die Verständigung äußerst schwierig. Oft müssten die Kranken stundenlang warten und es gebe kaum Informationen zur nötigen Behandlung.

Dirk Baas