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Corona

In der Pandemie entwickeln mehr Mädchen als sonst Essstörungen



Während der Corona-Pandemie suchen mehr Mädchen Hilfe wegen Essstörungen. Die entsprechenden Ambulanzen der kinder- und jugendpsychiatrischen Einrichtungen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) verzeichneten einen größeren Zulauf an jungen Patientinnen, teilte der LWL am 8. März in Hamm mit. Auch der Bedarf an stationärer Behandlung sei gestiegen, so dass etwa an der LWL-Universitätsklinik Hamm das Angebot aufgestockt worden sei.

Coronaspezifische Faktoren und typische Ursachen für psychische Störungen wirkten derzeit zusammen, erklärte der Krankenhausdezernent des Landschaftsverbandes, Meinolf Noeker. "Wenn unter Corona alles andere wegbricht, wird das Kümmern um das eigene Aussehen zur einzig verbliebenen, aber gefährlichen Quelle für Zuwendung, Erfolgserlebnis und Sinn", sagte Noeker. Die Pandemie lasse viele Betroffene schneller in einen solchen Sog geraten, die Spirale drehe sich umso schneller.

Es fängt oft harmlos an

Kein regelmäßiger Schulbesuch, kein Sport, keine sozialen Kontakte und viel Zeit zu Hause - dies sei für die meisten Kinder und Jugendlichen eine ungewohnte Situation, "in der sich die Gedanken häufiger um sich selbst und im Kreis drehen", erläuterte die Oberärztin der LWL-Universitätsklinik Hamm, Kathrin Steinberg. Mehr Jugendliche als sonst entwickelten eine Magersucht oder könnten eine bereits bestehende nicht mehr unter Kontrolle halten, sagte die Leiterin der Essstörungsambulanz.

Eine Magersucht (Anorexia nervosa) beginne oft mit einem harmlos wirkenden Diätverhalten, etwa dem Weglassen von Süßigkeiten, einer vegetarischen Ernährung oder der Verringerung von Essensmengen, hieß es weiter. Betroffene versuchten, ihr Essverhalten stark zu kontrollieren - sie nähmen immer weiter ab, erlebten sich aber selbst als zu dick. Bei der Magersucht sei das Körpergewicht so niedrig, dass es zu einer körperlichen Gefährdung bis hin zu lebensbedrohlichen Zuständen kommen könne.

Bei der Behandlung von jungen Menschen mit Essstörungen gehe es darum, dass sie wieder ein normales, ausgewogenes Essverhalten entwickeln und ein gesundes, altersentsprechendes Gewicht erreichen, erklärte die Oberärztin Steinberg. Sie würden dabei unterstützt, sich ihre Mahlzeiten zusammenzustellen und Ängste in Bezug auf Essen, Figur und Gewicht abzubauen.