sozial-Recht

Roma-Familien

Vorerst gescheitert: Abschiebung nach 18 Jahren



Zwei seit fast 18 Jahren in Göttingen lebende Roma-Familien, die nach einer Entscheidung des niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (OVG) mit ihrer sofortigen Ausweisung in das Kosovo rechnen mussten, sind offenbar untergetaucht. Das OVG in Lüneburg hatte Beschwerden gegen ihre Abschiebung zurückgewiesen, teilte eine Gerichtssprecherin am 5. Februar mit. Damit waren die Rechtsmittel in dem Verfahren ausgeschöpft.

Die für 10. Februar angesetzte Abschiebung scheiterte, weil die Familien nicht in ihren Wohnungen in der Göttinger Weststadt angetroffen wurden, berichtete die Polizei. Beamte hatten das betreffende Gebäude durchsucht. Betroffen sind vier Erwachsenen und 13 Kinder und Jugendliche, von denen zwölf in Deutschland geboren wurden.

Die beiden Roma-Familien hatten keine Asylverfahren betrieben. Ihre Anträge auf eine Aufenthaltserlaubnis wurden abgelehnt, auch zwei Eingaben an die niedersächsische Härtefallkommission blieben erfolglos.

Nach dem Auslaufen von Duldungen durch die Stadt Göttingen hatte das Göttinger Verwaltungsgericht im Dezember Anträge der Familien auf Abschiebeschutz abgelehnt. Die Richter begründeten dies unter anderem mit mangelnden Integrationsbemühungen der Antragsteller. Das Urteil erwähnte auch, dass die Familienväter 2012 wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden waren. Das Oberverwaltungsgericht bestätigte nun im Kern die Entscheidung der Vorinstanz.

Die Ratsfraktion der Grünen appellierte am Freitag an Göttingens Oberbürgermeister Rolf-Georg Köhler (SPD), die Abschiebung der beiden Roma-Familien auszusetzen. Es gelte Zeit zu gewinnen für eine humanitäre Lösung. "Die Abschiebung der Familien überschreitet jede Grenze des moralisch Vertretbaren", sagte der Fraktionsvorsitzende Rolf Becker.

Az.: 8 ME 218/15


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