sozial-Recht

Landesarbeitsgericht

Steuernachforderung wegen unzulässiger Kettenbefristung




Kettenbefristungen für Lehrer haben rechtliche Grenzen.
epd-bild/Daniel Staffen-Quandt
Kettenbefristungen sind rechtlich umstritten, weil die Grenze zum Missbrauch nicht ganz klar ist. Stellt aber ein Gericht einen Missbrauch fest, kann es für den Arbeitgeber teuer werden.

Unzulässige Kettenbefristungen eines Arbeitnehmers können nach Ablauf eines Arbeitsvertrages nicht nur zu Lohnnachzahlungen durch den Arbeitgeber führen. Denn führt eine gebündelte Lohnnachzahlung nach einer gerichtlich erzwungenen Wiedereinstellung an den Arbeitnehmer zu höheren Steuerforderungen, muss der Arbeitgeber auch für den erlittenen Steuerschaden aufkommen, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz in Mainz in einem am 21. April veröffentlichten Urteil.

Immer wieder befristet

Nach europäischem und deutschem Recht können Arbeitgeber Arbeitsverträge auf eine Laufzeit von maximal zwei Jahren befristen. Längere oder erneute Befristungen müssen "sachlich begründet" sein, beispielsweise wegen der Vertretung einer Elternzeit. Inwieweit Arbeitsverträge immer wieder neu mit sachlichem Grund befristet werden dürfen, war lange Zeit umstritten.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte solche Kettenbefristungen nach einer Vorlage des Bundesarbeitsgerichts (BAG) am 26. Januar 2012 für zulässig erklärt (Az.: C-586/10). Ein sachlicher Befristungsgrund sei nicht deshalb hinfällig, nur weil er wiederholt auftritt. Damals ging es um eine Justizangestellte des Amtsgerichts Köln, die innerhalb von elf Jahren 13 befristete Arbeitsverträge erhielt.

Die Luxemburger Richter hielten jedoch nationale Begrenzungen von Kettenbefristungen ebenfalls für zulässig. Das BAG urteilte daraufhin, dass Kettenbefristungen aber nicht "missbräuchlich" sein dürfen. Ab wann dies der Fall sein sollte, wurde nicht genau festgelegt. Bei der Kölner Justizangestellten wurde aber ein Missbrauch festgestellt.

Land musste Lohn nachzahlen

Im Zuge dieser Rechtsprechung hatte das LAG im vorliegenden Fall drei Befristungen einer Lehrerin über jeweils nur wenige Monate für unzulässig erklärt und die Befristung aufgehoben. Das Land Rheinland-Pfalz musste daraufhin die Lehrerin unbefristet einstellen und für die Monate ihrer Freistellung Gehalt nachzahlen.

Als die Lohnnachzahlung in einem einzigen Betrag auf dem Konto der Lehrerin einging, musste sie fast 6.800 Euro Einkommensteuer nachzahlen. Bei einer regulären monatlichen Lohnzahlung wäre die Steuerschuld entsprechend niedriger ausgefallen.

Für diesen Steuerschaden muss das Land aufkommen, entschied das LAG. Die neue Rechtsprechung von BAG und EuGH sei nicht "überraschend" gekommen. Das Land sei daher nicht einem "unvermeidlichen Rechtsirrtum" erlegen und müsse somit für den Steuerschaden der Lehrerin haften.

Az.: 5 Sa 148/15 (LAG Mainz)

Az.: C-586/10 (EuGH vom 26. Januar 2012)

Az.: 7 AZR 783/10 und 7 AZR 443/09 (BAG vom 18. Juli 2012)

Frank Leth

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