Ausgabe 39/2016 - 30.09.2016
Essen (epd). Bei einem medizinischen Notfall am Wochenende, wenn der Sozialhilfeträger nicht erreichbar ist, steht dem Krankenhaus zumindest für diese Behandlungstage die Erstattung der Kosten zu. Nur wenn das Sozialamt schließlich die Kostenzusage erteilt und der Patient auf finanzielle Hilfe des Staates angewiesen ist, kann die Klinik die volle Fallpauschale geltend machen, entschied das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen in Essen in einem am 7. September veröffentlichten Urteil.
Damit bleibt die Klägerin, eine Klinik für Gefäßchirurgie, weitgehend auf den Kosten für eine erbrachte Notfallbehandlung eines nicht versicherten, aus Kenia stammenden Patienten in Höhe von fast 30.000 Euro sitzen. Der Kenianer war für einen Sprachkurs nach Deutschland gekommen.
Als der Mann während seines Aufenthalts eine Deutsche kennenlernte, diese aber seinen Heiratsantrag zurückwies, sprang er in Suizidabsicht aus dem dritten Stock eines Wohnhauses. Dabei verletzte er sich schwer, unter anderem an der Hauptschlagader. Der Mann wurde in der Klinik für Gefäßchirurgie am 20. Dezember 2009, einem Sonntag, notfallmäßig aufgenommen. Erst am darauffolgenden Dienstag wurde per Fax die Übernahme der Behandlungskosten durch das örtliche Sozialamt beantragt.
Die Behörde lehnte ab. Es sei nicht belegt, dass der Mann auf finanzielle Hilfe des Staates angewiesen sei. Dieser war Mitte Januar bereits nach Kenia ausgereist. Außerdem habe die Klinik zu spät die Kostenerstattung beantragt. Eine Kostenübernahme sei aber erst mit vorheriger Zusicherung durch die Behörde möglich. Erst in einem gerichtlichen Vergleich erklärte sich das Sozialamt bereit, für die Tage von Sonntag bis Dienstag knapp 3.900 Euro zu zahlen. Für den weiteren knapp dreiwöchigen Klinikaufenthalt wollte das Sozialamt nicht aufkommen.
Das LSG urteilte, dass die Klinik die Übernahme der verbliebenen Kosten in Höhe von knapp 26.000 Euro nicht verlangen kann. Zwar kann laut LSG ein Krankenhaus im Notfall die Übernahme der Behandlungskosten für einen hilfebedürftigen, nicht versicherten Patienten vom Sozialamt einfordern. Das Sozialamt müsse aber in "angemessener Zeit" darüber informiert werden und die Kostenerstattung genehmigen. Dies sei hier aber nicht der Fall gewesen.
Liege ein Eilfall vor, bei dem die Behörde nicht sofort in Kenntnis gesetzt werden kann, wie an einem Sonntag, könne aber für diese Zeit auch ohne Zustimmung des Sozialhilfeträgers eine Kostenerstattung "in gebotenem Umfang" für die Behandlung verlangt werden. Danach müsse ausgehend von der Fallpauschale eine tagesbezogene anteilige Vergütung vom Sozialamt gezahlt werden, so das LSG. Darüber hätten sich Klinik und Sozialamt in einem Teilvergleich verständigt. Ohne Erfolg machte die Klinik noch geltend, dass sie gerade am Aufnahmetag des Patienten die kostenintensivsten Leistungen erbracht hatte und ihr deshalb höhere Leistungen zustehen müsse.
Az.: L 9 SO 328/14