sozial-Thema

Kirchen

Arbeit

Hintergrund

Evangelische Kirche verlangt von Mitarbeitern Loyalität



Wer bei Kirche und Diakonie arbeiten will, muss grundsätzlich Kirchenmitglied sein. Grundlage für das Recht von Kirche und Diakonie, von Stellenbewerbern und Beschäftigten eine Zugehörigkeit zur evangelischen Kirche verlangen zu dürfen, ist das im Grundgesetz verankerte Selbstbestimmungsrecht der Kirchen.

In der sogenannten Loyalitätsrichtlinie der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) vom Dezember 2016 sind die rechtlichen Regelungen für Kirche und Diakonie und ihre mehr als 700.000 Mitarbeiter präzisiert. Diese Vorgabe der EKD muss in das Recht der einzelnen Landeskirchen und ihre diakonischen Einrichtungen umgesetzt werden.

Die 20 Landeskirchen haben bei der Umsetzung der Loyalitätsrichtlinie einen gewissen Spielraum. Tendenziell ist in Westdeutschland hier ein Nord-Süd-Gefälle erkennbar: Je nördlicher die Landeskirche, desto liberaler das Arbeitsrecht. Im Gebiet mancher Landeskirchen kann außerdem jede diakonische Einrichtung ihre eigenen Vorgaben machen, was die konfessionelle Bindung ihrer Beschäftigten angeht.

Ausnahmeregelungen für Nichtchristen

Die Regelungen der EKD sehen zwar vor, dass die berufliche Mitarbeit in Kirche und Diakonie grundsätzlich die Zugehörigkeit zur evangelischen Kirche voraussetzt. Sie differenzieren aber danach, welche Aufgabe der Bewerber übernehmen soll. Bei Verkündigungs- und Seelsorgeaufgaben sowie bei Aufgaben der evangelischen Bildung ist die Zugehörigkeit zu einer protestantischen Kirche zwingende Voraussetzung. Für Aufgaben der Dienststellenleitung können auch Mitglieder der katholischen Kirche oder orthodoxer Kirchen eingestellt werden.

In der Loyalitätsrichtlinie der EKD sind auch Ausnahmeregelungen für Nichtchristen formuliert. So können abhängig von der Größe der Einrichtung oder der Art des Arbeitsauftrages Personen beschäftigt werden, die keiner christlichen Kirche angehören. In vielen Landeskirchen dürfen Mitarbeiter dann einer nichtchristlichen Religion angehören, wenn ihrer Beschäftigung ein interkulturelles Konzept zugrunde liegt, wenn ihre Tätigkeit also beispielsweise häufigen Kontakt zu Menschen muslimischen Glaubens mit sich bringt. Diakonische Einrichtungen handhaben dies seit Jahren so.

Bei der Diakonie in Ostdeutschland herrschen angesichts der niedrigen Zahl von Kirchenmitgliedern besondere Verhältnisse. Dort sind Personen, die keiner christlichen Kirche angehören, in der Mehrheit. So gibt die Diakonie Mitteldeutschland den Anteil kirchlich gebundener Mitarbeiter mit 48 Prozent an.

Entlassung nach Kirchenaustritt

Grundsätzlich gilt: Alle Mitarbeiter müssen sich der evangelischen Kirche gegenüber loyal verhalten und die evangelische Prägung achten, also ihren identitätsstiftenden Bezug zur Botschaft des Evangeliums. Das gilt auch für Atheisten und wird in der Regel in den Vorstellungsgesprächen angesprochen.

Wer aus einer christlichen Kirche ausgetreten ist und nicht in eine andere christliche Kirche wieder eingetreten ist, kann gemäß der Loyalitätsrichtlinie der EKD nicht bei der evangelischen Kirche oder der Diakonie beschäftigt werden. Bei einem Austritt aus der evangelischen Kirche gestatten es viele Landeskirchen den Arbeitgebern, daraufhin den Mitarbeiter zu entlassen.

Die diakonischen Einrichtungen gehen nach Einschätzung von Experten flexibel mit den rechtlichen Bestimmungen um. Als wichtig werde das individuelle Arbeitsumfeld angesehen. So gibt es etwa im Kita-, Pflege- oder Krankenhausbereich viele Beschäftigte, die auch nichtchristlichen Konfessionen angehören oder konfessionslos sind. Das gelte unabhängig davon, ob sie bei diesen Tätigkeiten viel oder wenig Umgang mit Muslimen haben. Die Diakonie beschäftigt in Deutschland nach eigenen Angaben mehr als eine halbe Million Menschen.

Markus Jantzer

« Zurück zur vorherigen Seite


Weitere Themen

Loyalitätspflichten nach dem katholischen Arbeitsrecht

Beschäftigte bei einem katholischen Arbeitgeber müssen nach der Grundordnung des kirchlichen Dienstes nicht unbedingt Kirchenmitglied sein. Für bestimmte Stellen verlangt die katholische Kirche indes zwingend die Zugehörigkeit zur katholischen Kirche.

» Hier weiterlesen

Jurist: Kirche muss Anforderungen an Bewerber stärker begründen

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) über die Bevorzugung konfessionell gebundener Bewerber bei kirchlichen Arbeitgebern fordert nach Ansicht des Kirchenrechtlers Hans Michael Heinig vor allem die Kirchen selbst zum Handeln auf.

» Hier weiterlesen

EuGH gibt dem Diskriminierungsrecht ein größeres Gewicht

Paradigmenwechsel? Revolution im deutschen Staat-Kirchen-Verhältnis? Was ist nicht alles über das EuGH-Urteil im Fall Egenberger vs. Diakonie gesagt worden. Aber nein, erklärt der Arbeitsrechtler Jacob Joussen in seinem Gastbeitrag für epd sozial: Ein Paukenschlag sei das Urteil nicht.

» Hier weiterlesen