sozial-Thema

Pflege

Interview

Forschungsinstitut: Deutschlandweit fehlen 50.000 Pflegekräfte




Frank Weidner
epd-bild/privat
Das Deutsche Institut für angewandte Pflegeforschung hält die von der Bundesregierung genannte Zahl von 36.000 offenen Stellen in der Pflege für zu niedrig. Es gebe wohl weit mehr Stellen, die nicht besetzt werden können und die den Arbeitsverwaltungen gar nicht gemeldet würden, sagte Direktor Frank Weidner.

"Nach unseren Daten gibt es alleine in Altenheimen und ambulanten Diensten bereits mindestens 38.000 unbesetzbare Stellen, hinzu kommen noch mindestens 10.000 nicht besetzbare Stellen im Krankenhausbereich", sagte Direktor Frank Weidner am 25. April dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Wir sollten zurzeit von rund 50.000 unbesetzbaren Stellen in der Pflege in Deutschland ausgehen."

Er bezeichnete seine Zahlen als realistisch, weil er wisse, dass etwa 30 Prozent der offenen Stellen der Arbeitsverwaltung gar nicht mehr angezeigt werden. Weidner: "Es gibt quasi keine Arbeitslosigkeit mehr unter Pflegekräften, das heißt, wir sprechen auch nicht mehr von 'offenen', sondern von 'unbesetzbaren' Stellen."

Nach Angaben des Professors fehlen inzwischen landesweit Pflegekräfte, darüber hinaus gibt es Regionen, die besonders hart getroffen sind, etwa ländliche Bereiche und einige Großstädte oder auch grenznahe Gebiete, wo Pflegekräfte ins Ausland abwandern.

"Brauchen grundlegend andere Pflegepolitik"

Der Fachkräftemangel nehme inzwischen dramatische Formen an, sagte der Forscher. Daher könne es nicht mehr darum gehen, nur "Engpässe" zu überwinden, sondern "wir brauchen eine grundlegend neue personalbezogene Pflegepolitik in Deutschland, die nachhaltig Verbesserung erreicht".

Weidner verwies darauf, dass sein Institut im vergangenen Jahr dazu bereits einen Masterplan Pflege für Deutschland angeregt habe. Darin werde für massive gemeinsame Anstrengungen für eine bessere Qualifikation geworben, aber auch für bessere Arbeitsbedingungen, höhere Vergütung und mehr Wertschätzung in der Pflege. Weidner: "Für die Umsetzung brauchen wir sicherlich ein zusätzliches, milliardenschweres Finanzvolumen."


« Zurück zur vorherigen Seite


Weitere Themen

In der Tabuzone: Misshandlung von Pflegebedürftigen

Gewalt zwischen Pflegenden und älteren Patienten ist in deutschen Seniorenheimen, Krankenhäusern, aber auch zu Hause keine Ausnahme. Experten fordern, das Problem endlich ernster zu nehmen.

» Hier weiterlesen

Konfliktforscher: Ökonomisierung der Pflege begünstigt Gewalt

Gewalt zwischen Pflegekräften und Patienten wird nach Ansicht des Bielefelder Konfliktforschers Andreas Zick durch die zunehmende Ökonomisierung der Pflegeheime und Kliniken begünstigt. Deren Ausmaß sei nicht mehr zu übersehen, so der Fachmann.

» Hier weiterlesen

Überlastet mit pflegebedürftigen Angehörigen

Es kommt oft aus heiterem Himmel: Ein Elternteil wird pflegebedürftig und muss betreut werden. Berufstätige Angehörige kann die neue Belastung in eine Krise stürzen. Firmen entwickeln daher Ideen, wie Mitarbeiter Beruf und Pflege vereinbaren können. Immerhin: Es gibt solche Angebote, doch sie sind noch immer selten.

» Hier weiterlesen