sozial-Recht

Oberlandesgericht

Sturz im Linienbus: Gehbehinderte Frau scheitert mit Klage



Der Fahrer eines Linienbusses ist nach einem Gerichtsurteil nicht automatisch für den Sturz eines schwerbehinderten Fahrgastes haftbar zu machen. Das Oberlandesgericht Hamm entschied in zwei am 20. April bekanntgegeben Beschlüssen, die Klage einer gehbehinderten Frau abzulehnen. Das OLG bestätigte damit ein erstinstanzliches Urteil des Landgerichts Bochum.

Die schwerbehinderte Frau hatte sich durch einem Sturz im Bus einen Oberschenkelbruch zugezogen, weil der Fahrer losgefahren war, bevor sie ihren Sitzplatz eingenommen hatte.

Wegen des Unfalls hatte die zum Zeitpunkt des Sturzes 60 Jahre alte Frau ein Schmerzensgeld von 11.500 Euro und die Übernahme der Kosten für eine Haushaltsführung in Höhe von rund 4.000 Euro gefordert. Ihre Klage richtete sich gegen das Verkehrsunternehmen und der Busfahrer. Die Frau ist wegen eines Hüftschadens zu 100 Prozent schwerbehindert, eine Gehhilfe benutzt sie nicht.

"Frau trägt Mitschuld"

Nach Ansicht des Oberlandesgerichts trägt die Frau eine Mitschuld an dem Unfall. Denn sie habe keinen freien Sitzplatz im Einstiegsbereich besetzt und sich beim Anfahren nicht genügend festgehalten. Auch habe sie den Busfahrer nicht darum gebeten, mit dem Anfahren abzuwarten, bis sie Platz genommen habe, befanden die Richter.

Dem Fahrer sei kein Verschulden vorzuwerfen, erklärte das Gericht. Von ihm sei nicht zu verlangen, dass er zugestiegene Fahrgäste besonders im Blick behalte. Eine solche Verpflichtung gebe es nur, wenn für den Fahrer eine schwerwiegende Behinderung des Fahrgastes erkennbar sei, die eine besondere Rücksichtnahme erfordere.

Ein solcher Ausnahmefall habe für den beklagten Busfahrer in dem konkreten Fall nicht vorgelegen, hieß es. Die Klägerin habe den Bus ohne erkennbare Probleme und ohne fremde Hilfe bestiegen. Auch habe sie keinen der nahe gelegenen, freien Sitzplätze eingenommen. Allein aus der Vorlage des Schwerbehindertenausweises habe der Busfahrer nicht schließen müssen, dass die Klägerin ohne eine besondere Rücksichtnahme gefährdet sei.

Az.: 11 U 57/17


« Zurück zur vorherigen Seite


Weitere Themen

Kneipenbesuch während der Kur ist keine Therapie

Wer während einer Kur eine Kneipe besucht und dabei stürzt, kann das nicht als Arbeitsunfall geltend machen. Ausflüge dieser Art unterliegen nicht dem Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung, wie das baden-württembergische Landessozialgericht in einem am 17. April in Stuttgart veröffentlichten Urteil entschied. Beim Besuch im Wirtshaus stehe nicht die Förderung des Kurerfolgs im Vordergrund, sondern private Geselligkeit und "Genusserleben", hieß es.

» Hier weiterlesen

Hartz-IV-Unterbrechung kann Erbe retten

Erbt ein Hartz-IV-Bezieher von einem verstorbenen Angehörigen einen Teil eines Grundstücks, muss nach einem Verkauf des Erbes der Erlös nicht immer das Arbeitslosengeld II mindern. Denn wurde der Hartz-IV-Leistungsbezug zwischen dem Erbfall und der Auszahlung des Erbes unterbrochen, gilt das Erbe bei erneuter Hartz-IV-Antragstellung als Vermögen, für das Vermögensfreibeträge geltend gemacht werden können, entschied das Landessozialgericht (LSG) Hamburg in einem am 9. April veröffentlichten Urteil.

» Hier weiterlesen

Kassen müssen Fettabsaugen beim Reiterhosensyndrom nicht zahlen

Krankenkassen müssen bei einer schmerzhaften Fettgewebsstörung an Hüften und Beinen grundsätzlich nicht den stationären Klinikaufenthalt für eine Fettabsaugung bezahlen. Diese Behandlung des sogenannten Lipödems in einer Klinik entspreche nach derzeitigem Stand der Medizin nicht dem Qualitätsgebot, dass die Kassen gewährleisten müssen, urteilte das Bundessozialgericht am 24. April in Kassel.

» Hier weiterlesen