sozial-Recht

Bundessozialgericht

Kassen müssen Fettabsaugen beim Reiterhosensyndrom nicht zahlen



Krankenkassen müssen bei einer schmerzhaften Fettgewebsstörung an Hüften und Beinen grundsätzlich nicht den stationären Klinikaufenthalt für eine Fettabsaugung bezahlen. Diese Behandlung des sogenannten Lipödems in einer Klinik entspreche nach derzeitigem Stand der Medizin nicht dem Qualitätsgebot, dass die Kassen gewährleisten müssen, urteilte das Bundessozialgericht am 24. April in Kassel.

Bei einem Lipödem, im Volksmund auch Reiterhosensyndrom genannt, handelt es sich um eine schmerzhafte Fettverteilungsstörung. Insbesondere an Beinen und Hüften, aber auch an den Armen sammelt sich verstärkt Fett an. Von der häufig vorkommenden Erkrankung sind fast nur Frauen betroffen. Gängige Therapien wie Lymphdrainagen oder das Tragen von Kompressionsstrümpfen sind für viele Patienten unbefriedigend, so dass die Kostenübernahme für eine Fettabsaugung in der Klinik gewünscht wird.

In einem der jetzt vom Bundessozialgericht entschiedenen Fälle sah die Klägerin aus Weinheim in der Fettabsaugung den letzten Ausweg. Sie ließ bei drei in der Klinik vorgenommenen Behandlungen Fett an den Beinen entfernen. Bereits bei der ersten Behandlung wurden an jedem Bein jeweils 7,9 Liter Fett entfernt.

Die Kosten von insgesamt 11.363 Euro wollte ihre Krankenkasse, die Barmer, nicht bezahlen. Es gebe keine hinreichenden Studien, wonach die Behandlung auf Dauer erfolgreich ist. Das Bundessozialgericht lehnte die Kostenübernahme ebenfalls ab. Zwar habe der Gemeinsame Bundesausschuss, der über die von den Kassen zu gewährenden Leistungen entscheidet, die Prüfung der Fettabsaugungsbehandlung veranlasst. Doch nur weil die Fettabsaugung damit das Potenzial einer erfolgreichen Behandlungsalternative hat, müsse diese noch nicht von den Kassen bezahlt werden.

Die Kassen müssten sich an das Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsgebot halten, mahnten die Kasseler Richter. Nicht ausreichend erprobte Methoden dürften im Interesse des Patientenschutzes grundsätzlich nicht erbracht werden.

Az.: B 1 KR 10/17 R und B 1 KR 13/16 R


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