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Flüchtlinge

Sprachforscherin: Begriffe in Asyldebatte machen Menschen unsichtbar



Die aktuell in der Asyldebatte verwendeten Begriffe machen nach Einschätzung der Berliner Sprachforscherin Britta Schneider die betroffenen Menschen unsichtbar. Worte wie "Ankerzentrum" oder "Ausschiffungsplattform" seien typisch für solche Strategien zur Entmenschlichung, sagte Schneider, die am Institut für Englische Philologie der Freien Universität Berlin tätig ist, dem Evangelischen Pressedienst (epd).

So seien der Anker oder das Schiff positiv besetzt, stünden für Sicherheit, Stabilität und Schutz sowie für See und Reise. Die Menschen, die nach Europa kämen, dagegen würden als Massen dargestellt, die gebändigt, kontrolliert oder geordnet werden müssten.

Der Begriff der "externen Dimension von Migration" verlagere wiederum das Thema nach außen - weit weg. "Transitzentren" erinnerten auch an Reisen und suggerierten, dass alles nur temporär sei. Der Ausdruck "Pull-Faktor" stamme aus der Ökonomie und impliziere, dass Menschen nur deshalb nach Deutschland kämen, weil es ihnen hier so gutgehe. "Dieser Begriff geht schon in die Richtung von 'Asyltourismus'", sagte Schneider.

Technologische Wortkonstruktionen rechtfertigten Handlungen, die man sonst kritisch betrachten würde, erklärte die Forscherin: "Sie machen unsichtbar, was gerade geschieht." Gerade im Hinblick auf die deutsche Vergangenheit sei es sehr bedenklich, solche Begriffe im Zusammenhang mit Flüchtlingen zu verwenden, kritisierte Schneider.

Sie erinnerte daran, dass die Nationalsozialisten selbst für die schrecklichsten Verbrechen technische Begriffe verwendet hätten: "Sonderbehandlung" für Ermordung etwa und eben die "Endlösung" für den Mord an den europäischen Juden.



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