sozial-Politik

Pflege

Expertin: Die Arbeitszufriedenheit muss deutlich gesteigert werden




Pflegewissenschaftlerin Ulrike Höhmann
epd-bild/Uni Witten/Herdecke
Wer wirklich die Situation für Pflegekräfte verbessern will, muss nach Auffassung der Pflegewissenschaftlerin Ulrike Höhmann "als ersten Schritt" etwas für die Arbeitszufriedenheit in den Pflegeeinrichtungen und den Krankenhäusern tun.

Pflegefachkräfte sind in ihrem beruflichen Alltag nach Auffassung von Ulrike Höhmann häufig über- und unterfordert zugleich. Diesen Mangel müsse die Bundesregierung mit der von ihr gestarteten "Konzertierten Aktion Pflege" beseitigen. In vielen Einrichtungen seien ausgebildete Pflegekräfte oft nur damit beschäftigt, Hilfskräfte anzuweisen. "Diese wiederum fühlen sich dann häufig überfordert - und die ausgebildeten Pflegenden fehlplatziert", erklärte die Pflegewissenschaftlerin der Universität Witten/Herdecke am Mittwoch.

"Gut ausgebildete Pflegekräfte müssen die Fähigkeiten, die sie in ihrer Ausbildung gelernt haben, im Alltag auch umsetzen können", sagte Höhmann. Außerdem müsse es in Pflegeberufen auch möglich sein, Karriere zu machen. Das könne die Attraktivität des Berufs erhöhen. "Es muss die Möglichkeit geben, sich weiter zu qualifizieren und neue Qualifikationsstufen zu erreichen." Höhmann sprach sich außerdem für eine weitere Akademisierung der Pflege aus. Der falsche Weg wäre, in großem Maßstab kostengünstige Pflegekräfte aus anderen Ländern nach Deutschland zu holen, sprach sich die Pflegewissenschaftlerin gegen Pläne von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) aus.

Außerdem forderte Höhmann mehr Personal: "Es darf keine unplanbaren Dienstzeiten mehr geben, d.h. die Pflegenden dürfen nicht ständig aus ihrer Freizeit heraus wieder in den Betrieb beordert werden." Laut Höhmann kehren viele Pflegekräfte ihrem Beruf den Rücken zu, weil sich ihr Arbeitsalltag sich nicht mit ihrem professionellen Ethos verbinden lasse. Das bedeutet: "Es muss Zeit bleiben, mit den Patienten zu sprechen, ihnen in Ruhe beim Essen zu helfen, mit ihnen aufzustehen und herumzulaufen, mit Angehörigen in Ruhe zu sprechen, sie zu informieren und zu beraten." Das werde aber nur gelingen, "wenn sich die Gesundheitseinrichtungen wieder darauf besinnen, wofür sie eigentlich da sind", sagte Höhmann.

Keineswegs dürfe es das Hauptziel einer Einrichtung sein, mit der Pflege Geld zu verdienen. "Es muss darum gehen, Menschen ein lebenswürdiges Leben zu ermöglichen. Die Privatisierung von Gesundheitseinrichtungen mit dem Ziel, damit möglichst viel Rendite zu machen, ist damit nicht vereinbar." Höhmann nannte es bedenklich, dass in Anzeigen für effiziente Geldanlagen in Gesundheitseinrichtungen mit Renditen von vier bis sechs Prozent geworben werde. "Es geht nicht darum, dass mit Pflege kein Geld verdient werden soll", sagte sie. "Wenn Gesundheitseinrichtungen jedoch als rein renditeorientierter Wirtschaftsbetrieb geführt werden, dann ist das schlicht unmoralisch."

Markus Jantzer


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