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Ehrenamt

"Bravo, ihr seid gute Leute!"




Absolventen des Freiwilligen Sozialen Jahres bei der Diakonie im Gespräch mit Bewohnern eines Altenzentrums.
epd-bild/ Fotoagentur Franck
Senioren sind nicht langweilig, und das Leben im Altenheim kann auch lustig sein: Das lernen Absolventen des Freiwilligen Sozialen Jahres der pfälzischen Diakonie, die einen Tag lang das Bürgerspital in Wachenheim besuchen. Bei Gesprächen kommen sich die Generationen näher.

Der auf den Rollstuhl angewiesene Herr Hoffmann ist vom Besuch der jungen Leute im Altersheim begeistert. "Bravo," ruft der an Demenz erkrankte 89-Jährige, der zusammen mit seiner Ehefrau eine Spazierfahrt durch den angrenzenden Park macht: "Ihr seid gute Leute!"

Justine, Angela, Marie-Christin und Lea strahlen um die Wette über so viel Lob: Einen Tag lang informieren sich die jungen Absolventinnen des Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) bei der Diakonie über das Leben im Alten- und Pflegeheim Bürgerspital in Wachenheim, das vom Landesverein für Innere Mission in der Pfalz getragen wird. Während einer Seminarwoche können die Frauen im Alter zwischen 16 und 19 Jahren unter vier Projekten wählen - sie haben sich für eine Begegnung mit Senioren entschieden.

"Wollt ihr auch mal hier rein?", fragt Frau Kiefer (90), die auf einer Parkbank sitzt, die jungen Besucherinnen ganz unverblümt. "Man wird vom Alter überrascht, es ist gar nicht so schlimm, bis auf die Gebrechen", verrät die Seniorin augenzwinkernd.

Viel Nähe bei den Gesprächen

Alte Menschen, das bekommen die vier FSJler im Gespräch mit den Heimbewohnern ganz hautnah mit, wissen ganz viel und haben Interessantes zu erzählen. Sie sind nicht, wie manche mit Vorurteilen behaftete Menschen behaupten, langweilig und erzählen nur vom Krieg.

Aber natürlich: der Krieg. Dieses schlimme Erlebnis hat die heute hochaltrige Generation geprägt, die das Land nach 1945 wieder aufbaute, erklärt Krankenhauspfarrerin Susanne Kirchner. Alte Menschen sind kostbare Zeitzeugen, macht sie in einer Gesprächsrunde mit acht Heimbewohnerin deutlich. Von deren Lebenserfahrung, Lebensweisheit und Herzlichkeit könnten die Jüngeren nur lernen, sagt sie.

Dass ein Altenheim kein Beerdigungsinstitut ist, wie Pfarrerin Kirchner es formuliert, wird spätestens bei einer nachmittäglichen Singstunde im Speiseraum deutlich. Eine ältere Dame spielt das Klavier. Justine, Angela, Marie-Christin und Lea haben sich mit Liedblättern an den Tischen verteilt. Fest ist der Chor der Bürgerspital-Bewohner - da fällt es kaum auf, dass die anwesende Jugend bei der Volksweise "Heute wollen wir das Ränzlein schnüren" passen muss.

Erstmals ein Pflegeheim von innen gesehen

"Echt schön hier", findet es die 19-jährige Angela aus Ludwigshafen-Ruchheim im Bürgerspital. "Ins Altersheim würde ich schon gehen, wenn ich einmal Hilfe brauche oder allein bin", sagt die junge Frau, die eine Ausbildung zur Erzieherin machen will. Auch die anderen drei wollen nach ihrem Freiwilligenjahr einen sozialen Beruf ergreifen und sind froh, ein Altenheim einmal von innen gesehen zu haben.

"Ich wollte schon immer mit Menschen arbeiten", erzählt die 18 Jahre alte Justine aus Freisbach, die eine Ausbildung zur Heimerzieherin plant. Faszinierend sei es zu sehen, wie viele alte Menschen trotz körperlicher Einschränkungen ihr Leben bewältigten, sagt sie.

Rund 350 FSJler im Alter von 16 bis 26 Jahren, davon zwei Drittel Frauen, engagieren sich im Jahresdurchschnitt in Einrichtungen der pfälzischen Diakonie, berichtet Andrea Schlosser. Die in den vergangenen Jahren stark angewachsene Nachfrage übersteige das Angebot an Einsatzstellen, sagt die Referentin für Freiwillige Soziale Dienste aus Speyer. Der Freiwilligendienst dauert zwischen sechs und 18 Monate. Einsatzgebiete sind Kindertagesstätten, Altenpflegeheime sowie Einrichtungen der Jugendhilfe oder für behinderte Menschen. Die Freiwilligen erhalten ein monatliches Taschengeld, Verpflegung, einen Fahrtkostenzuschuss, und sie werden sozialversichert. Zudem gibt es 25 Bildungstage, bei denen sie sich austauschen können.

Am Ende des Seminartags wünscht die Heimbewohnerin Frau Krieger den vier Besucherinnen viel Glück und gibt ihnen einen guten Rat mit auf den weiteren Lebensweg. "Lernt etwas in der Schule und im Beruf. Das ist das Wichtigste in der Jugend." "Bravo!", ruft Herr Hoffmann und klatscht in die Hände.

Alexander Lang