sozial-Recht

Oberlandesgericht

Einzelfallprüfung für Telefonate aus der U-Haft erforderlich



Gefängnisleitungen dürfen die Häufigkeit und Dauer von Telefonaten für Untersuchungshäftlinge nicht pauschal begrenzen. Bei den zu überwachenden Telefongesprächen müsse vielmehr im Einzelfall geprüft werden, ob festgelegte Telefonbeschränkungen verhältnismäßig sind, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe in einem am 19. Januar veröffentlichten Beschluss.

Damit muss die Führung einer Justizvollzugsanstalt erneut prüfen, ob ein 31-jähriger, in Untersuchungshaft sitzender Antragsteller häufiger mit seiner Familie telefonieren darf. Der Mann ist seit dem 10. Juli 2018 wegen des Verdachts des Drogenhandels inhaftiert.

Die Staatsanwaltschaft hatte dem Häftling erlaubt, einmal pro Woche höchstens 15 Minuten mit insgesamt fünf konkret benannten Familienangehörige, überwacht zu telefonieren.

Hohe Gesprächszahl nicht zu organisaieren

Die Gefängnisleitung gestattete jedoch nur alle zwei Wochen Telefonate. Sie verwies auf die hohe Zahl der gewünschten und von Beamten zu überwachenden Telefonate. Das sei aus organisatorischen Gründen nicht zu leisten. Aus Gleichbehandlungsgründen müssten pauschal die Telefonate begrenzt werden, lautete die Argumentation zu zusätzlichen Einschränkung.

Das OLG hob die Entscheidung nun auf. Zwar stehe es im "pflichtgemäßen Ermessen", inwieweit die Gefängnisleitung Telefongespräche von Untersuchungshäftlingen gestatten kann. Deren Überwachung müsse auch organisatorisch bewältigt und die Sicherheit und Ordnung der Anstalt aufrechterhalten werden.

Einzelfallprüfung versäumt

Doch eine Ermessensentscheidung setze eine Einzelfallprüfung voraus. Dabei müsse berücksichtigt werden, dass für einen Untersuchungshäftling die Unschuldsvermutung gilt und er "deswegen allein unvermeidbaren Beschränkungen unterworfen werden darf". Auch der verfassungsrechtliche Anspruch auf den Schutz seiner Privatsphäre und seiner Familie müsse Rechnung getragen werden, so die Richter.

Weil die Führung der JVA die Telefonate nur pauschal und nicht nach einer Einzelfallprüfung beschränkt hat, müsse darüber neu entschieden werden. Es sei nicht geprüft worden, ob häufigere Telefonate mit Angehörigen geboten waren. Allein der pauschale Hinweis auf die hohe Anzahl der gewünschten Telefonate von Untersuchungshäftlingen reiche nicht für eine Beschränkung aus. In der Ermessensentscheidung könne allerdings auch berücksichtigt werden, wenn Angehörige die Möglichkeit von Besuchen haben, so dass Telefonate mit ihnen reduziert werden können.

Az.: 2 Ws 365/18