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Ambulante Pflege

Verband: Sind von der Lohnentwicklung abgehängt



Die Entwicklung der Löhne und Gehälter für Pflegekräfte in ambulanten Pflegediensten in Niedersachsen ist nach Angaben des Verbandes Deutscher Alten-und Behindertenhilfe (VDAB) seit Jahren von der allgemeinen Lohnentwicklung in Deutschland abgekoppelt. "Ursache dafür ist die unzureichende Entwicklung der Vergütungen für die Pflegedienste", heißt es beim Dachverband. Der vertritt die Interessen der privaten Unternehmen in der Pflege.

Fakt ist: Pflegedienste können Mitarbeitern nur höhere Löhne zahlen, wenn sie die dafür notwendigen Finanzmittel auch erwirtschaften. Das aber ist oft kaum möglich, denn laut VDAB machen im Schnitt 70 bis 89 Prozent ihrer Umsätze die von den Kranken- und Pflegekassen bezahlten Leistungen aus.

Vergütungen hinken hinterher

In Niedersachsen sei jedoch die Schere zwischen der bundesweiten Lohnentwicklung und den Vergütungen in der Häuslichen Krankenpflege immer größer geworden. Der Verband rechnet vor: Während im Zeitraum von 2004 bis 2015 die Bruttolöhne in Deutschland um 26,52 Prozent stiegen, erhöhten sich die Vergütungen in der Häuslichen Krankenpflege in Niedersachsen nur um 16,16 Prozent. Die Differenz zwischen den beiden Polen summierte sich im genannten Zeitraum auf 10,36 Prozent.

Als Ursache für diese steigende Diskrepanz macht der VDAB die Orientierung der Höhe der Vergütungen an der sogenannten Grundlohnsummenentwicklung aus. Und diese "rein statistische Größe" bilde eben nicht die reale Lohnentwicklung im Land wider. Die Grundlohnsumme ist die bundesweite Gesamtbetrag von Entgelten, auf den Krankenversicherungsbeiträge erhoben werden. "Alle anderen Lohnbestandteile wie etwa Sonderzahlungen und auch die bezüge von Beamten fließen hier gar nicht ein", erläuterte ein VDAB-Sprecher. Dazu komme die Tatsache, dass auch all jene Entgelte jenseits der Beitragsbemessungsgrenze in der Grundlohnsumme nicht berücksichtigt werden.

Grundlohnsumme als Problem

"Die Heranziehung der Grundlohnsummenentwicklung bei der Vergütungsfestsetzung führt somit systematisch zur Abkoppelung der Löhne in den ambulanten Pflegediensten von der allgemeinen Lohnentwicklung", beklagt der Dachverband. Dazu komme, dass sich die ambulante Pflege ohnehin auf einem vergleichsweise niedrigen Lohnniveau bewege. Wenn dann immer nur die Steigerungen gemäß der Grundlohnsumme von den Kassen erstattet werden, "können viele Dienste ihren Beschäftigten einfach keine höheren Löhne zahlen", sagte der Sprecher.

Noch deutlich werde das Dilemma, wenn man die kumulierten Personalkosten der Arbeitgeber inklusive einem Arbeitgeberanteil von 25 Prozent für Sozialversicherungsbeiträge im Vergleich zur Entwicklung der Vergütungen in der Häuslichen Krankenpflege sieht: Die Personalkosten stiegen von 2004 bis 2015 um 34,07 Prozent, die Vergütungen um 16,16 Prozent. Die Differenz beträgt 17,91 Prozent.



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Die Branche in Zahlen

Die Zahl der ambulanten Pflegedienste in Deutschland betrug 2015 laut dem aktuellen Barmer Pflegereport rund 13.300. Davon waren knapp 8.700 Anbieter (65,1 Prozent) in privater Hand. Etwa 4.500 (33,5 Prozent) Dienste waren in freigemeinnütziger und 192 (1,4 Prozent) in öffentlicher Trägerschaft. 2015 waren insgesamt rund 355.600 Menschen in der ambulanten Pflege beschäftigt.

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