sozial-Recht

Arbeitsgericht

Fristlose Chefarzt-Kündigung ist rechtens



Das Arbeitsgericht in Verden hat die Kündigungsschutzklage eines Chefarztes abgewiesen, den das Agaplesion Diakonieklinikum in Rotenburg bei Bremen im vergangenen Jahr mehrfach fristlos gekündigt hatte. Die erste außerordentliche Kündigung im Juli sei wirksam, sagte die Vorsitzende Richterin Susanne Trautmann am 26. März bei der Urteilsverkündung. Der Mediziner war Chef der diakonischen Kinder- und Jugendpsychiatrie in Rotenburg. Das Klinikum warf ihm unter anderem fragwürdige Behandlungsmethoden und einen rigiden Führungsstil vor.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Chefarzt kann innerhalb eines Monats vor dem Landesarbeitsgericht in Hannover Berufung einlegen. "Wir werden das Urteil prüfen und dann entscheiden", sagte sein Anwalt Ulrich Winkelvos dem epd. Falls es zur Berufung kommt, könnte das Verfahren noch in diesem Jahr in Hannover fortgeführt werden.

Maßgeblich für den Spruch der Kammer war Trautmann zufolge ein Vorfall rund um das Weihnachtsfest 2017. Damals hatte der Chefarzt gegen das Votum von Jugendamt und Familiengericht einen Jugendlichen aus der Klinik beurlaubt und nach Hause entlassen. Der Junge hatte laut Gerichtssprecher Klaus Rinck in der Vergangenheit Halbgeschwister sexuell missbraucht.

Andere Vorwürfe und auch ein vom Klinikum beauftragtes Gutachten zu den Behandlungsmethoden des Chefarztes wurden laut Trautmann für das Urteil nicht berücksichtigt. Die Vorsitzende Richterin hatte die Prozessbeteiligten bei Sitzungsterminen in den vergangenen Monaten mehrfach gefragt, ob sie sich auf einen Vergleich einlassen könnten. Doch Kläger und Beklagte wollten eine Gerichtsentscheidung.

Zwischenzeitlich hatte sich auch die Staatsanwaltschaft Verden eingeschaltet. Sie ermittelt wegen des Verdachts der Freiheitsberaubung und der gefährlichen Körperverletzung gegen den Chefarzt, der die Kinder- und Jugendpsychiatrie in Rotenburg seit 2004 leitete. Unter seiner Verantwortung sollen Patienten beispielsweise zu oft und zu lange in einem sogenannten "Time-Out-Raum", landläufig unter dem Begriff "Gummizelle" bekannt, eingesperrt worden sein.

Az.: 2 Ca 278/18