sozial-Politik

Gesundheit

Masern und Impfungen: Die Situation in Deutschland



Ein Grund für die erbitterte Diskussion um eine Masern-Impfpflicht sind die beiden widerstreitenden Interessen dahinter: Auf der einen Seite steht das gemeinschaftliche Interesse, durch eine möglichst hohe Durchimpfungsquote die Bevölkerung vor Krankheiten zu schützen und sie auszurotten, auf der anderen Seite das Recht des Einzelnen auf eine freie Entscheidung sowie einen Schutz vor Eingriffen in das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages sah vor zwei Jahren in einem juristischen Gutachten keine verfassungsrechtliche Grundlage für eine generelle Masern-Impfpflicht in Deutschland.

Die Impfquoten bei Masern sind laut Robert-Koch-Institut (RKI) je nach Altersgruppe unterschiedlich. Die erste Impfung von zweien werde aktuell bei rund 95 Prozent der Kinder vorgenommen. Bei Zweijährigen liege die Quote der auch mit der zweiten Spritze durchgeimpften Kinder bei 74 Prozent. In den Regionen ist die Impfquote unterschiedlich hoch: Vor allem in Sachsen sind mit durchschnittlich 25 Prozent besonders wenige Kinder im Alter von zwei Jahren durchgeimpft. Die dortige Impfbehörde empfiehlt die zweite Spritze erst im fünften Lebensjahr.

Problematisch ist die Situation laut RKI vor allem bei den in den 70er und 80er Jahren Geborenen. 15 Prozent dieser Erwachsenen hätten keine Antikörper gegen Masern im Blut und seien weder geimpft noch durch eine Erkrankung immun. Als Voraussetzung für die Ausrottung der Krankheit sieht die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine Immunität von mehr als 95 Prozent in der Bevölkerung.

2018 lag die Zahl der Masern-Fälle in Deutschland laut RKI bei 543, 2017 bei 929. Mit 2.465 Erkrankungen war die Zahl im Jahr 2015 besonders hoch. Seit Anfang der 2000er Jahre hat die Zahl der Erkrankungen deutlich abgenommen: 2001 verzeichnete das RKI knapp 6.040 Fälle. 2002 wurden bei knapp 4.660 Menschen Masern diagnostiziert.

Die Bundesärztekammer begrüßt Überlegungen zur Einführung einer Impfpflicht für Masern. Impfungen seien auch eine Verpflichtung der Gesellschaft gegenüber, sagte Präsident Frank Ulrich Montgomery. Der Verein "Ärzte für individuelle Impfentscheidung" hingegen lehnt eine Impfpflicht ab. Gefragt seien vielmehr Maßnahmen, die das Vertrauen der Bevölkerung in Impfungen und in die zuständigen Behörden wiederherstellen und stärken.

Nora Frerichmann


Mehr zum Thema

Länder haben keine einheitliche Position zu einer Masern-Impfpflicht

Gesundheitsminister Spahn hat die Debatte über eine Masern-Impfpflicht begrüßt. Ihm gehe es insbesondere um den Schutz von Kindern in Gemeinschaftseinrichtungen, teilte das Ministerium in Berlin mit.

» Hier weiterlesen