sozial-Recht

Bundesgerichtshof

Leihmutter ist meist auch rechtliche Mutter




Hinweisschild des Bundesgerichtshofes in Karlsruhe
epd-bild/Uli Deck
Bringt eine im Ausland lebende Leihmutter das Kind eines deutschen Ehepaares zur Welt, gilt sie meist auch als rechtliche Mutter. Doch das muss nicht so sein, entschied der Bundesgerichtshof am 23. April in Karlsruhe.

Im ersten entschiedenen Fall hatte ein Ehepaar aus dem Raum Dortmund seinen Kinderwunsch mit einer künstlichen Befruchtung erfüllt. Die mit dem Samen des Mannes befruchtete Eizelle der Ehefrau wurde einer Leihmutter in der Ukraine eingesetzt. Während die Leihmutterschaft in Deutschland verboten ist, ist das Verfahren in der Ukraine legal.

Die Leihmutter brachte schließlich im Dezember 2015 das Kind zur Welt. Sie hatte notariell erklärt, dass das deutsche Ehepaar die rechtlichen Eltern sein sollten. Das ukrainische Standesamt hatte den Ehemann als rechtlichen Vater und die deutsche Ehefrau als rechtliche Mutter anerkannt.

Eintrag im Geburtenregister korrigiert

Als die frisch gebackenen Eltern mit dem Kind nach Deutschland zurückgekehrt waren, wurde dieses zunächst auch in das Geburtenregister und die Ehefrau als rechtliche Mutter eingetragen. Nachdem das Standesamt jedoch von der Leihmutterschaft erfuhr, korrigierte die Behörde den Geburtenregistereintrag. Rechtliche Mutter sei die Frau, die das Kind geboren hat - also die Leihmutter.

Ohne Erfolg verwies das Ehepaar darauf, dass die Leihmutterschaft in der Ukraine legal ist und die ukrainischen Behörden sie als Eltern anerkannt haben.

Auch im zweiten Fall, den der BGB zu entscheiden hatte, hatte das Standesamt die Eintragung der rechtlichen Mutterschaft im Geburtenregister abgelehnt. Hier hatte ein aus Niedersachsen stammendes Ehepaar für die Geburt ihres Kindes die Dienste einer Leihmutter in der Ukraine in Anspruch genommen.

Der BGH entschied, dass nach deutschem Recht jene Frau als rechtliche Mutter gilt, die das Kind geboren hat. Ob in den konkreten Fällen ukrainisches oder deutsches Recht greife, hänge bei minderjährigen Kindern, insbesondere bei Neugeborenen, von dem "gewöhnlichen Aufenthalt" der Betreuungspersonen ab. Haben die Bezugspersonen ihren "gewöhnlichen Aufenthalt" in der Ukraine, gelte ukrainisches Recht. Dann sei die Entscheidung der ukrainischen Behörden später auch für das deutsche Standesamt bindend.

Nur vorübergehender Aufenthalt

Doch in beiden Fällen sei das nicht der Fall, so der BGH. Nach den tatsächlichen Umständen sei der Aufenthalt der deutschen Ehepaare in der Ukraine nur "vorübergehend" gewesen. Die per Leihmutter zur Welt gebrachten Kinder sollten von Anfang an in Deutschland mit ihren biologischen Eltern leben.

Weil kein gewöhnlicher Aufenthalt in der Ukraine bestand, komme bei der Anerkennung der rechtlichen Mutterschaft deutsches Recht zur Anwendung. Danach seien in beiden Fällen die beiden Ehemänner die rechtlichen Väter der Kinder. Die Kinder hätten dadurch auch die deutsche Staatsangehörigkeit erworben. Rechtliche Mütter seien aber die Leihmütter, weil sie die Kinder geboren hätten.

Im ersten Fall hätten sich die Beteiligten aber auf eine Adoption des Kindes durch die Ehefrau geeinigt, betonte der BGH. Damit habe diese gute Chancen, die rechtliche Mutterschaft im Wege eines durchzuführenden Adoptionsverfahrens zu erhalten. Bis dahin gelte jedoch nicht sie, sondern die Leihmutter als rechtliche Mutter.

Adoption ist möglich

Bereits am 5. September 2018 hatte der BGH allerdings entschieden, dass Entscheidungen eines ausländischen Gerichts über die rechtliche Mutterschaft von deutschen Behörden anerkannt werden müssen. Anders als bei Entscheidungen von ausländischen Behörden, seien diese nach deutschem Recht hier bindend.

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hatte am 28. Februar 2019 entschieden, dass eine Leihmutterschaft einer Adoption des Kindes durch seine biologische deutsche Mutter grundsätzlich nicht entgegensteht. Entscheidend sei, dass die Adoption dem Kindeswohl diene und zwischen der Mutter und dem Kind eine "enge und liebevolle Bindung" zu erwarten sei.

Ähnlich entschied auch das OLG München am 12. Februar 2018 im Fall eines schwulen verheirateten Paares. Das Paar wurde mit Hilfe einer anonymen Eizellspende und einer in der Ukraine lebenden Leihmutter Eltern. Die Eizelle war mit dem Samen eines der Männer befruchtet worden

Als der andere Partner die Adoption des Kindes wünschte, lehnten das Jugendamt und das Amtsgericht München das Ansinnen ab. Die Adoption sei nicht erforderlich. Die Leihmutterschaft sei nach deutschem Recht gesetzes- und sittenwidrig.

"Bei der Bewertung des Adoptionsbegehrens kommt es einzig auf das Wohl des Kindes und die Prognose des Entstehens eines Eltern-Kind-Verhältnisses an“, entschied das OLG. Werde trotzdem die Adoption versagt, liege ein Eingriff in die Rechte des Kindes vor.

Az.: XII ZB 530/17 und XII ZB 320/17 (BGH Leihmutter als rechtliche Mutter)

Az.: XII ZB 224/17 (BGH Mutterschaft Gerichtsentscheidung)

Az.: 1 UF 71/18 (OLG Frankfurt/Main)

Az.: 33 UF 1152/17 (OLG München)

Frank Leth