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Azubi-Mindestlohn soll 2020 mit 515 Euro im Monat starten




Eine Friseurauszubildende arbeitet in Halle an der Saale an einem Übungskopf.
epd-bild/Steffen Schellhorn
Lehrlinge sollen künftig eine Mindestvergütung bekommen. Das hat das Kabinett am 15. Mai beschlossen. Etwa zehn Prozent der Ausbildungsbetriebe müssten dann mehr zahlen als bislang. Die Tarifautonomie wird nicht angetastet.

Die Bundesregierung hat eine Mindestvergütung für Auszubildende auf den Weg gebracht. Das Kabinett billigte einen Gesetzentwurf von Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU). Lehrlinge sollen von 2020 an im ersten Ausbildungsjahr mindestens 515 Euro pro Monat erhalten. In den Folgejahren soll sich die Ausbildungsvergütung erhöhen - im Jahr 2021 auf 550 Euro, ein Jahr später auf 585 Euro und ab 2023 auf 620 Euro.

Zudem sind Aufschläge für Azubis im zweiten, dritten und vierten Ausbildungsjahr geplant. Mit der Reform wird erstmals eine gesetzliche Untergrenze für die Vergütung von Auszubildenden festgeschrieben, analog zum gesetzlichen Mindestlohn.

Tarifverträge haben aber weiterhin Vorrang vor der Mindestausbildungsvergütung, auch dann, wenn sie geringere Vergütungen für Auszubildende vorsehen. Das gilt auch für künftige Tarifabschlüsse.

Arbeitgeber und Gewerkschaften beteiligt

Karliczek hatte den Gesetzentwurf nach eigenen Angaben in enger Abstimmung mit den Arbeitgeberverbänden und dem Deutschen Gewerkschaftsbund erarbeiten lassen. Die Mindestvergütung soll die Berufsausbildung attraktiver machen, zugleich aber insbesondere kleinere Betriebe nicht überfordern.

Der Gesetzentwurf beinhaltet außerdem neue, international besser verständliche Bezeichnungen für die Abschlüsse nach einer beruflichen Fortbildung.

Die Einführung des gesetzlichen Azubi-Mindestlohns würde sich in etwa zehn Prozent der Ausbildungsbetriebe unmittelbar auswirken, schätzt das in Bonn ansässige Bundesinstitut für Berufsbildung. Dabei seien kleine und kleinste Betriebe, Firmen im Handwerk und Unternehmen in Ostdeutschland besonders stark betroffen.

Grenze analog zum Mindestlohn

Mit der Reform würde erstmals in Deutschland eine gesetzliche Untergrenze für die Vergütung von Auszubildenden festgeschrieben, analog zum gesetzlichen Mindestlohn. Zur Höhe der Lohnzahlungen ließ das Ministerium verlauten: "Die festgesetzte Höhe der Mindestausbildungsvergütung ist Anerkennung der Leistung der Auszubildenden im Betrieb. Anderseits muss aber auch sichergestellt sein, dass die Motivation der Betriebe erhalten bleibt, Ausbildungsplätze anzubieten." Die Folge: Dort, wo es aktuell Tarifverträge gebe, könne es passieren, dass Azubis auch weiterhin weniger als die Mindestvergütung bekämen.

Ein weiterer Schwerpunkt des Gesetzes sei die rechtliche Verankerung von drei Fortbildungsstufen und die Einführung von einheitlichen Bezeichnungen nach einer erfolgreichen Weiterbildung. Neben den traditionellen Titeln wie "Meister" soll es zum Beispiel auch einen "Bachelor Professional" oder einen "Master Professional" geben. Damit sollen diese Qualifikationen auf dem internationalen Arbeitsmarkt vergleichbarer werden.

DGB lobt wichtigen Schritt

"Die Mindestvergütung für Azubis ist ein wichtiger Schritt, um die berufliche Bildung attraktiver zu machen. Man kann nicht in Sonntagsreden den Wert der Berufsbildung loben und dann werktags die Jugendlichen mit Dumping-Vergütungen abspeisen", sagte der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann.

Der jetzt vorliegende Vorschlag habe gegenüber den ursprünglichen Plänen von Bildungsministerin Karliczek erhebliche Vorteile: Statt bei 504 Euro kleben zu bleiben, werde die Mindestvergütung jetzt schrittweise auf 620 (1. Ausbildungsjahr) bis 868 Euro (4. Ausbildungsjahr) angehoben. Die Mindestvergütung sei auch nicht mehr an das Schüler-Bafög gekoppelt, sondern an den Durchschnitt der Ausbildungsvergütungen. Neu im Gesetzentwurf steht laut Hoffmann zudem, dass die Mindestausbildungsvergütung jährlich automatisch entsprechend der Durchschnittswerte angepasst wird.

BDA verweist auf Tarifautonomie

Die Arbeitgeber äußerten sich zurückhaltend. Die Bundesregierung setze nun jene Pläne um, die Unternehmen und DGB in engster Abstimmung mit dem Handwerk vorgegeben hätten, "ohne große Schäden für die Tarifautonomie" zu verursachen, sagte BDA-Präsident Ingo Kramer.

Mit der Einigung der Sozialpartnern auf eine Mindestausbildungsvergütung von 515 Euro ab 2020 habe man "ein Zeichen für die Wertschätzung der Lernanstrengungen unserer Auszubildenden gesetzt, ohne ausbildende Betriebe generell zu überfordern, da die allermeisten deutlich über der Mindestausbildungsvergütung liegen". Damit werde zugleich auch ordnungspolitisch das richtige Zeichen gesetzt: "Die Gestaltung der Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen bleibt maßgeblich Sache der Sozialpartner", betonte Kramer.

Mey Dudin, Markus Jantzer