sozial-Recht

Bundesgerichtshof

Keine Strafe wegen gescheiterter Resozialisierungsmaßnahme



Justizvollzugsbeamte müssen für unerwartete Verbrechen von Strafgefangenen im offenen Vollzug nicht geradestehen. Haben die Beamten alle relevanten für und gegen eine Vollzugslockerung sprechenden Aspekte berücksichtigt und abgewogen, begründet ein vom Freigänger begangener Mord keine Verurteilung der Beamten wegen fahrlässiger Tötung, urteilte am 26. November der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe.

Hintergrund des Rechtsstreits war die mehrfache Verurteilung eines Mannes wegen Verkehrsdelikten, meist Fahrens ohne Führerschein. Der Mann musste seine Haftstrafe in den rheinland-pfälzischen Justizvollzugsanstalten in Wittlich und Diez absitzen. Sowohl im ersten als auch im zweiten Gefängnis hatten die zuständigen Justizvollzugsbeamten den Freigang für den Straftäter als Resozialisierungsmaßnahme gebilligt. Er erhielt jedoch die Auflage, sich nicht ans Steuer eines Autos zu setzen.

"Geisterfahrer" tötete 21-Jährige

Als der Mann während eines Ausgangs dennoch ein Auto fuhr, kam er in eine Polizeikontrolle. Er trat daraufhin die Flucht an, lenkte das Auto auf die Gegenfahrbahn einer vierspurigen Bundesstraße und stieß als "Geisterfahrer" mit dem Auto einer 21-jährigen Frau zusammen. Die Frau starb an ihren Verletzungen. Der Straftäter wurde wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.

Auch die beiden Justizvollzugsbeamten, die den Freigang des Mannes gewährt hatten, sollten sich verantworten. Sie wurden wegen fahrlässiger Tötung zu Bewährungsstrafen verurteilt.

Doch die Beamtin und der Beamte haben mit der gewährten Vollzugslockerung nicht gegen ihre Sorgfaltspflichten verstoßen, urteilte nun der BGH. Justizvollzugsbeamten müssten bei jeder Vollzugslockerung die Sicherheit der Allgemeinheit und das grundrechtlich geschützte Resozialisierungsinteresse eines Strafgefangenen miteinander abwägen. Dies hätten sie hier getan. Die Tat des Strafgefangenen sei nicht absehbar gewesen, entschieden die BGH-Richter.

Az.: 2 StR 557/18