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Jeder vierte Armutsgefährdete in Deutschland geht einer Arbeit nach



Millionen Menschen in Deutschland kommen finanziell kaum über die Runden, obwohl sie einen Job haben. In fünf Bundesländern ist das Armutsrisiko für Erwerbstätige besonders hoch.

Jeder vierte Armutsgefährdete in Deutschland ist erwerbstätig. Das geht aus aktuellen Daten des Statistischen Bundesamtes auf Anfrage der Linken hervor, die dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegen. Ein weiteres knappes Viertel der Menschen, die mit ihrem Geld kaum über die Runden kommen, sind Rentner ab 65 Jahren. Auch Kinder sind stark betroffen.

Als armutsgefährdet gilt nach EU-Definition, wer mit weniger als 60 Prozent des mittleren Nettoeinkommens der Gesamtbevölkerung auskommen muss. Für Ein-Personen-Haushalte in Deutschland lag diese Schwelle 2018 bei 1.035 Euro im Monat.

Hoher Renteranteil unter Einkommensschwachen

Laut Statistischen Bundesamt gab es im Jahr 2018 unter den Armutsgefährdeten in Deutschland vier große Gruppen: 25,4 Prozent gingen einer Beschäftigung nach. Weitere knapp 23 Prozent waren Rentner, fast 21 Prozent Kinder und Jugendliche. Die vierte Gruppe (24,2 Prozent) stellten weitere Nichterwerbspersonen. Dazu gehören unter anderem Auszubildende, Studierende, Hausfrauen und Menschen, die arbeitsunfähig oder in einer Fort- und Weiterbildung sind. Erwerbslos gemeldete Menschen bildeten in der Statistik mit Abstand (6,7 Prozent) die fünfte Gruppe.

Das Armutsrisiko für Erwerbstätige ist laut der Statistik in fünf Bundesländern besonders hoch: Baden-Württemberg (28,3 Prozent), Sachsen (27,8 Prozent), Hamburg (27,4 Prozent) sowie Schleswig-Holstein (26,9 Prozent) und Berlin (26,1 Prozent). Unter dem Durchschnittswert liegen Nordrhein-Westfalen (23,9 Prozent), Sachsen-Anhalt (24,3 Prozent), das Saarland und Mecklenburg-Vorpommern (je 24,4 und 24,5 Prozent), Niedersachsen (24,7 Prozent) und Bayern (24,9 Prozent).

Forderungen der Linken zur Armutsbekämpfung

Die Linken-Politikerin Sabine Zimmermann erklärte: "Einerseits sind Millionen Menschen arm trotz Arbeit. Andererseits stellen die Schwächsten in unserer Gesellschaft den überwiegenden Teil der Armen, also Kinder, alte Menschen und alle, die schlicht keine Arbeit finden." Die Sozialexpertin der Partei, die die Daten des Statistischen Bundesamtes angefragt hatte, forderte die Abschaffung von Hartz IV, die Ausweitung der Tarifbindung und eine deutliche Erhöhung des Mindestlohns.

18 EU-Länder haben ihre Mindestlöhne zum Jahresbeginn 2020 erhöht. In Deutschland beträgt die Lohnuntergrenze nun 9,35 Euro pro Stunde und liegt damit auf dem sechsten Platz in Europa. Den höchsten Mindestlohn gibt es in Luxemburg mit 12,38 Euro, gefolgt von Frankreich (10,15 Euro), den Niederlanden (10,14 Euro), Irland (9,80 Euro) und Belgien (9,66 Euro), wie eine aktuelle Auswertung der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung zeigt.

Katrin Nordwald