sozial-Recht

Bundesverfassungsgericht

Sorgerechtsentzug wegen permanenter Überforderung des Kindes



Eltern können für ihr in der Entwicklung beeinträchtigtes Kind keine Integration in der Regelschule um jeden Preis verlangen. Ist mit der Regelbeschulung das Kindeswohl gefährdet, weil etwa das Kind permanent traurig ist und Suizidgedanken äußert, kann dies Grund für die teilweise Entziehung des Sorgerechts sein, entschied das Bundesverfassungsgericht in einem am 14. August veröffentlichten Beschluss. Die Karlsruher Richter wiesen damit den Antrag einer alleinerziehenden Mutter und ihrer minderjährigen Tochter auf einstweilige Anordnung ab, den vom Amtsgericht bestimmten teilweisen Entzug der elterlichen Sorge vorerst auszusetzen.

Im Streitfall ging es um eine 2005 geborene Schülerin, die in ihrer Entwicklung beeinträchtigt ist. Das Mädchen hatte kurze Zeit das Gymnasium besucht, das sie aber wegen erheblicher Konflikte verlassen musste. Doch auch auf der Realschule plus in Rheinland-Pfalz kam sie nicht zurecht. Es wurde ein Intelligenzquotient von 70 und 74 ermittelt und sonderpädagogischer Förderbedarf festgestellt. Die Schülerin fühlte sich in der Regelschule überfordert, sie äußerte Suizidgedanken.

Amt sah Kindeswohl in Gefahr

Das Jugendamt sah daher das Kindeswohl gefährdet. Das Mädchen sei viel besser in einer Förderschule aufgehoben. Als die Mutter sich dem verweigerte, entzog das Amtsgericht ihr teilweise das Sorgerecht. Ein Ergänzungspfleger sollte sicherstellen, dass das Kind eine Förderschule besuchen kann. Per einstweiliger Anordnung wollten Mutter und Tochter den teilweisen Entzug der Sorge kippen.

Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass die Verfassungsbeschwerde der Mutter zwar nicht offensichtlich unbegründet sei. Dennoch habe die Entscheidung über den teilweisen Entzug des Sorgerechts bis Abschluss des Hauptverfahrens Bestand. Die Fachgerichte hätten festgestellt, dass die Mutter permanent ihr Kind überfordere, damit dieses die Regelschule schaffe. Die dadurch bedingten Beeinträchtigungen des Kindeswohls würden schwerer wiegen als ein gegen den Willen der Mutter durchgeführter Schulwechsel zu einer Förderschule.

Az.: 1 BvR 1525/20