sozial-Politik

Bundesregierung

Pflegeberuf soll attraktiver werden




Die Altenpflege fürchtet, mit der Ausbildungsreform ins Hintertreffen zu geraten.
epd-bild / Rolf Zöllner
In der Pflege stehen viele Veränderungen an. Die Bundesregierung will die Ausbildung vereinheitlichen. Doch die Kritik der Verbände an den Plänen reißt nicht ab. Und auch der Bundesrat trat unlängst noch auf die Bremse.

Der Patienten- und Pflegebeauftragte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann (CDU), sieht in der geplanten Reform der Pflegeausbildung einen Schritt, mehr Pflegekräfte zu gewinnen. Er sagte am 2. März in Berlin, die Zahl der Pflegebedürftigen nehme jedes Jahr um zwei bis drei Prozent zu, deshalb würden auch jedes Jahr 20.000 zusätzliche Pflegekräfte gebraucht. Der Beruf werde mit einer generalistischen Ausbildung attraktiver. Doch Verbände wie auch der Bundesrat sind skeptisch. Die Länderkammer beschloss am 26. Februar, den Start der Generalistik zu verschieben.

Eckpunkte für Ausbildungsverordnung

Laumann verwies auch darauf, dass der Pflegeberuf durch die Abschaffung des Schulgelds, die Einführung des Pflegestudiums und eine breitere Auswahl an Arbeitsmöglichkeiten attraktiver werde. Das Bundesgesundheitsministerium veröffentlichte am 2. März auf seiner Internetseite die Eckpunkte für eine Ausbildungs- und Prüfungsverordnung, nach der künftig alle Pflegekräfte gemeinsam ausgebildet werden sollen.

Der Plan der Regierung ist, die getrennte Altenpflege-, Krankenpflege- und Kinderkrankenpflegeausbildung bis 2018 zu beenden und den neuen Beruf der Pflegefachfrau beziehungsweise des Pflegefachmanns zu schaffen. Den Eckpunkten zufolge soll die Ausbildung weitgehend neu konzipiert werden. Sie dauert drei Jahre (oder fünf Jahre in Teilzeit) und umfasst 4.600 Stunden, davon 2.500 im praktischen Einsatz und 2.100 an einer Pflegeschule.

Anders als bisher sollen die Auszubildenden zu gleichen Teilen im Krankenhaus, im Altenheim und bei ambulanten Diensten lernen. Hinzu kommen kurze Einsätze in der Kinderkrankenpflege und der Psychiatrie und die Möglichkeit einer ersten praktischen Spezialisierung in einem Bereich.

Zugleich forderte Laumann die Heime auf, mehr Personal einzustellen. Vom kommenden Jahr an sollen die Demenzkranken besser versorgt werden. Dafür erhielten allein die Heime 800 Millionen Euro zusätzlich im Jahr, sagte der Pflegebeauftragte.

"Kein Mittel gegen Fachkräftemangel"

Kritik kam von den Arbeitgebern aus der Altenpflegebranche. Der Präsident des Bundesverbandes der privaten Anbieter sozialer Dienste (bpa), Bernd Meurer, sagte: "Wir haben die Auszubildenden dann nur noch 20 Wochen im eigenen Betrieb." Den Rest der Zeit seien sie in der Schule oder an anderen Einsatzorten, was vom Ausbildungsbetrieb organisiert werden müsse. Das könnten kleine Pflegeunternehmen nicht leisten.

Zudem orientiere sich die Ausbildungsverordnung weitgehend an der Krankenpflege: "Altenpflege und Kinderkrankenpflege bleiben schmückendes Beiwerk, sagte Meurer. Er fürchte deutliche Einbrüche bei den gegenwärtig hohen Ausbildungszahlen in der Altenpflege. Den Fachkräftemangel werde dies eher verstärken als mindern.

Die Pflege-Expertin der Grünen Bundestagsfraktion, Elisabeth Scharfenberg, sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd) mit Blick auf die Eckpunkte der neuen Ausbildung, ihre Befürchtungen bewahrheiteten sich. "Fachwissen wird massiv verloren gehen." In der schulischen Ausbildung sollten offenbar gar keine spezifischen Kompetenzen mehr vermittelt werden. In der praktischen Ausbildung müssten Pflichteinsätze in allen Bereichen abgeleistet werden, so dass wenig Zeit bleibe, in einem Bereich vertiefte Kompetenzen zu erwerben. Der Gesetzentwurf zur Vereinheitlichung der Ausbildung soll im März erstmals im Bundestag beraten werden.

Länder vermissen Finanzierungsplan

Die Bundesländer hatten zuvor nicht nur das Fehlen der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung beklagt. Auch liege noch keine Finanzierungsverordnung vor. Außerdem beklagte der Bundesrat, dass die Kosten, die mit der Reform für die Länder verbunden sein werden, im Gesetzentwurf der Bundesregierung nur unzureichend ausgewiesen seien. Deshalb müsse im weiteren Gesetzgebungsverfahren gemeinsam mit den Ländern eine nachvollziehbare und vollständige Einschätzung der Kosten der Reform der Pflegeausbildung erfolgen.

Friedhelm Fiedler, Vizepräsident des Arbeitgeberverbandes Pflege (AGVP): "Die Altenpflege hat schon heute eine anerkannt hohe Qualität. Würden die Ausbildungsinhalte generalisiert, wäre eine Verflachung der Ausbildung die Folge, mit schädlichen Folgen für die gesamte Altenpflege." Die Altenpflege dürfe sich nicht länger von den Interessen der Krankenhauspflege majorisieren lassen, sagte der Verbandschef.

Fiedler nannte das Reformvorhaben der Minister Hermann Gröhe (CDU) und Manuela Schwesig (SPD) überhastet. Er hoffe, dass sich in den Reihen des Bundestages zunehmend politische Klugheit durchsetze. "Wenn drei Ausbildungsberufe in eine Ausbildung gepresst werden, wird das zu einer Oberflächlichkeit und zu weniger speziellem Tiefenwissen führen." Er verwies auf die seit Jahren steigenden Zahlen in der Altenpflegeausbildung. "Dieser Trend darf nicht mutwillig durch ideologisch motiviertes Handeln torpediert werden."

Bettina Markmeyer / Dirk Baas

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