sozial-Branche

Familiennachzug

Kinderschutzbund bittet Gauck um Stopp des Asylpakets II




Minderjährige Flüchtlinge im Deutschunterricht.
epd-bild / mck
Der Kinderschutzbund kämpft gegen die geplanten Einschränkungen beim Familiennachzug auch für minderjährige Flüchtlinge. In einem Brief an Bundespräsident Gauck warnt die Organisation vor einem Verstoß gegen das Grundgesetz.

Der Kinderschutzbund hat Bundespräsident Joachim Gauck aufgefordert, das Asylpaket II wegen der Einschränkung des Familiennachzugs zu blockieren. "Wir bitten Sie herzlich, dieses Gesetz nicht zu unterzeichnen", heißt es in einem am 1. März veröffentlichten Brief des Kinderschutzbund-Präsidenten Heinz Hilgers an Gauck. Der Bundespräsident kündigte laut einem Zeitungsbericht an, die Einwände des Kinderschutzbundes zu prüfen.

Verstoß gegen das Grundgesetz

Die vorgesehene Einschränkung des Familiennachzugs verstoße nicht nur gegen internationale Abkommen, sondern auch gegen das Grundgesetz, das Ehe und Familie unter einen besonderen Schutz stelle, heißt es in dem Schreiben Hilgers'. Im Asylpaket II wird das Recht auf Familiennachzug für alle Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutz für zwei Jahre ausgesetzt. Das soll auch für hier lebende Minderjährige gelten, deren Eltern dann nicht zu ihnen kommen können.

Das Gesetz war Ende Februar von Bundestag und Bundesrat verabschiedet worden. Es kann erst in Kraft treten, wenn der Bundespräsident es unterzeichnet. Er darf die Unterschrift nur aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken verweigern.

Hilgers schrieb, für Kinder sei der Familienzusammenhalt während des Krieges, auf der Flucht und beim Ankommen das Wichtigste. Eine gewaltsame Trennung über einen langen Zeitraum führe zu "gravierenden Bindungs- und Beziehungsstörungen". Die dadurch verursachten Verhaltensauffälligkeiten und Entwicklungsverzögerungen seien in vielen Fällen irreparabel.

Negativer Einfluss auf Integrationswillen

"Die oft vorhandene Traumatisierung der Kinder wird dabei weder aufgehoben noch verarbeitet, sondern durch Ungewissheit, Unsicherheit und geringe Zuversicht fortgesetzt", heißt es in dem auf den 29. Februar datierten Brief, über den zunächst die "Berliner Zeitung" berichtete.

Auch könne die Aussetzung des Familiennachzugs den Integrationswillen massiv beeinflussen, schrieb der Präsident des Kinderschutzbundes. Außerdem werde die Beschränkung mit Blick auf die angestrebte Reduzierung der Flüchtlingszahlen nichts nützen. Vielmehr sähen sich Frauen und Kinder besonders aus Syrien "jetzt erst recht gezwungen, sich auf den oft lebensgefährlichen Weg nach Europa zu begeben".

Prinzipiell dürfe "ein geflüchtetes Kind nicht schlechter gestellt sein als ein Kind, das in Deutschland aufgewachsen ist", erklärte Hilgers. Ohnehin seien Menschenrechte "nicht nur eine Schönwetterangelegenheit. Gerade in der Krise müssen sie erst ihre Wirkung entfalten."

Da die Bundesregierung selbst eine Zahl von nur etwa 400 betroffenen Kindern genannt habe, sei es "umso erschreckender, dass wegen einer so geringen Zahl eine klare Verletzung der Menschen- und Kinderrechte sowie ein Bruch des Verfassungsauftrags in Kauf genommen" werde, schrieb der Präsident des Kinderschutzbundes.

Michaela Hütig

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